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Lufthansa-Moment

Archivmeldung vom 05.07.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Dem deutschen Gasmarkt drohe ein "Lehman-Moment", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor wenigen Tagen, nachdem er gerade die sogenannte Alarmstufe im Notfallplan Gas aktiviert hatte. Mit Änderungen im Energie-Sicherungsgesetz, die noch in dieser Woche durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht werden sollen, will die Bundesregierung nun verhindern, dass es auf dem Gasmarkt zu einem Dominoeffekt ähnlich der Friktionen im globalen Finanzsystem nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 kommt. Im Eilverfahren werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, damit sich der Bund in der seit der russischen Invasion in die Ukraine eskalierten Gaskrise an Unternehmen der kritischen Infrastruktur beteiligen kann.

Die Vorlage liefert das Wirtschaftsstabilisierungsgesetz, das die Vorgängerregierung zur Bewältigung der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht hatte, um Unternehmen über den Erwerb von Aktien oder stillen Einlagen unter die Arme greifen zu können. Das größte Rettungspaket im Rahmen des Ende Juni ausgelaufenen Wirtschaftsstabilisierungsfonds wurde mit einem Volumen von insgesamt 9 Mrd. Euro für die Deutsche Lufthansa geschnürt. Die jetzt geplanten Änderungen im Energiesicherungsgesetz zielen vor allem auf Uniper, den größten Importeur von russischem Gas im Zentrum des deutschen Marktes. Der Düsseldorfer Konzern mit dem finnischen Eigentümer Fortum hatte bereits in der vergangenen Woche Bedarf für staatliche Hilfen angemeldet. Uniper muss sich wegen der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland seit Wochen zu deutlich gestiegenen Preisen auf dem Spot-Markt eindecken, kann die Kosten im Rahmen langfristiger Lieferverträge aber nicht weitergeben.

Um einen Lehman-Moment zu verhindern, sieht das Energie-Sicherungsgesetz seit dem Frühjahr eine Preisanpassungsklausel vor, die unter bestimmten Voraussetzungen die Weitergabe von Einkaufspreisen auch im Rahmen von langfristigen Verträgen erlaubt. Die Bundesregierung hat die Klausel bisher aber nicht scharfgestellt, weil sie Rechtsunsicherheit und soziale Härten fürchtet. Alternativ wird im Gesetz jetzt eine Umlage verankert, die eine möglichst faire Verteilung der Mehrkosten auf alle Verbraucher sicherstellen soll. Noch bevor die Umlage kommt, will die Bundesregierung aber offenbar mit einem "Lufthansa-Moment" nach Vorbild der Coronahilfen für Entlastung sorgen. Den Moment der Wahrheit für Gaskunden wird sie damit nur verzögern können.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Stefan Paravicini

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