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Lausitzer Rundschau: Koalitionszwist bei Türkei-Frage: Mehr Gelassenheit

Archivmeldung vom 08.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Mit der deutschen Haltung zu einer eventuellen EU-Mitgliedschaft der Türkei verhält es sich ähnlich wie mit der Gesundheitsreform: Die unterschiedlichen Auffassungen von Union und SPD werden schon in der Koalitionsvereinbarung erkennbar. Dort heißt es, die Verhandlungen in Sachen Türkei "mit dem Ziel des Beitritts sind ein Prozess mit offenem Ende".

Beiden Seiten bietet dieser Formelkompromiss viel Interpretationsspielraum. Die Union ist davon überzeugt, dass es allenfalls zu einer privilegierten Partnerschaft mit dem Land am Bosporus kommen darf - was immer darunter auch konkret zu verstehen ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern profitiert die Türkei nämlich schon heute von einem besonderen Beziehungsgeflecht zur Europäischen Union.

Die SPD wiederum möchte eine EU-Mitgliedschaft fast um jeden Preis, sagt das aber nicht so laut. Nur wenn die andere Seite stänkert, wie jetzt CSU-Chef Edmund Stoiber, der die Verhandlungen wegen der fehlenden türkischen Anerkennung Zyperns gleich einfrieren will, wird dieser Gegensatz klarer. Nun besteht sicher kein Zweifel daran, dass die Türkei von den demokratischen Standards des Westens noch meilenweit entfernt ist. Ihr aber jetzt schon den Stuhl vor die Tür zu setzen und alle Bemühungen praktisch für gescheitert zu erklären, würde nur die fundamentalistischen Kräfte in der Türkei stärken. Daran kann Deutschland kein Interesse haben.

Die Verhandlungen haben erst vor einem Jahr begonnen. Bis es tatsächlich zu einer Entscheidung kommen soll, vergehen noch mindestens zehn bis 15 Jahre. Schon deshalb wäre etwas mehr Gelassenheit in der Großen Koalition angezeigt - besonders in Bayern.

Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau

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