Badische Neueste Nachrichten: Bauernopfer
Archivmeldung vom 04.07.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Ein Minister hält die Klappe oder er tritt zurück." Dieses geflügelte Wort hatte Jean-Pierre Chevènement Anfang der 80er Jahre geprägt, als er seinen Posten als Forschungsminister unter der Präsidentschaft von François Mitterrand vorzeitig räumte. An diesen Spruch hätte sich Delphine Batho mal besser erinnert, bevor sie ihre Klappe weit öffnete und in einem Interview den Haushaltsplan der Regierung als "schlecht" bezeichnete. Schon am Abend war die Politikerin ihr Amt als französische Umweltministerin los.
Mit seinem überraschenden Durchgreifen zeigt Präsident François Hollande einerseits, dass er am Konsolidierungskurs nicht rütteln lassen will. Und das ist gut. Immerhin muss seine Regierung im kommenden Jahr weitere drastische Einschnitte vornehmen, um das desaströse Haushaltsdefizit zurückzufahren. Mit dem Rauswurf von Batho will Hollande wohl vermeiden, dass die ohnehin schon laute Kritik an seiner Kürzungspolitik noch lauter wird. Andererseits hat die sozialistische Regierung gerade die Energiewende zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Erst vor zwei Tagen hatte Batho noch ihren deutschen Amtskollegen Peter Altmaier demonstrativ in Paris empfangen. Wie will Frankreich den ökologischen Wandel schaffen, wenn es gleichzeitig vor allem das Umweltressort beschneidet? Die Entlassung Bathos bedeutet aber vor allem eines: Dass Hollande demonstrativ seine Autorität unter Beweis stellen musste. Mit ihrem Rausschmiss hat der als unentschlossen verschriene Präsident endlich zeigen können, dass er der Chef ist und die Zügel in der Hand hält. Seit Wochen und Monaten schon macht sein Industrieminister Arnaud Montebourg ungestraft gegen die Sparpolitik Front. Den aber traute sich Hollande wegen seines starken Rückhalts bei der Parteilinken nicht zu sanktionieren. Mit der jungen und wenig erfahrenen Batho hat er nun ein billiges Opfer gefunden - ein Bauernopfer.
Quelle: Badische Neueste Nachrichten (ots)