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Westdeutsche Zeitung: Roland Koch

Archivmeldung vom 18.01.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Roland Koch wählt gerne deutliche Worte. Ob er damit seinen Bekanntheitsgrad steigern will oder bewusst die Aufmerksamkeit auf Themen lenken möchte, die ihm am Herzen liegen, ist unklar. Mit seinen Äußerungen zu Hartz IV gelang ihm beides. Ganz Deutschland nimmt den hessischen Ministerpräsidenten wahr. Zugleich hat er eine heftige Debatte ausgelöst.

Begriffe wie "üble Hetze", "politische Schizophrenie" oder "höchstgefährlicher Brandstifter" fliegen ihm um die Ohren. Sogar Teile der CDU mischen mit. "Beschimpfen hilft nicht", tadelt ihn etwa Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Doch war Koch wirklich so unkorrekt? Besonders bei einem polarisierenden Politiker wie ihm scheint die Neigung groß zu sein, ohne langes Nachdenken ritualisiert dagegen zu halten. Wobei es wichtig und richtig ist, dass Menschen ohne Arbeit nicht diskriminiert und mit Pauschalurteilen überzogen werden dürfen. Sie haben es wirklich schwer genug, wenn sich ihr Kontostand und ihr Selbstwertgefühl im freien Fall befinden. Fast alle sind schuldlos in diese Situation geraten und wollen da so schnell wie möglich wieder raus. Doch auch bei dieser Mehrheit der Langzeitarbeitslosen, die wahrlich nichts mit Schmarotzern gemein hat, ist es nicht unmoralisch, die Frage der Beschäftigung außerhalb des normalen Arbeitsmarkts zu diskutieren. Vielen mag das sogar helfen, ihren Lebensrhythmus im Takt der Arbeitswelt zu halten. Es wäre also zu überlegen, ob wir Kochs Äußerungen nicht schlicht als weitere Anregung nehmen, sachlich über Verbesserungen bei Hartz IV nachzudenken. Zu dieser Sachlichkeit gehört auch, genau zu betrachten, was Koch gesagt hat. So findet sich das Wort "Arbeitspflicht" zwar in einer Frage des vielzitierten Interviews, er selbst sprach es aber gar nicht aus. Die meisten seiner Äußerungen lassen sich auch mit viel Interpretationswillen nicht in die Diskriminierungs-Ecke schieben. Etwa wenn er betont, dass man jenen, die "durch die Unbilden des Lebens" in Not geraten seien, eigentlich Hartz IV gar nicht zumuten wolle. In diese Kategorie fällt auch, dass er die Frage nach höheren Zuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose stellt und deutlich die Probleme von Alleinerziehenden ohne Beschäftigung benennt.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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