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Neues Deutschland: zur Verfassungskrise der EU

Archivmeldung vom 02.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ein Seminar zu »Großkatastrophen« will der französische EU-Vorsitz demnächst veranstalten. Der Mega-Unfall ist bereits eingetreten: Nach Irlands Nein zum Lissabon-Vertrag, nach Vorbehalten aus Prag und dem Stopp der deutschen Ratifizierung verweigert auch Polens Staatschef Lech Kaczynski die Unterschrift.

In Paris aber hatte Nicolas Sarkozy, seit gestern oberster Europäer, die Rettung des Abkommens zur Chefsache erklärt. Nicht weil der gültige Nizza-Vertrag undemokratisch und unbrauchbar ist. Sondern weil er, Sarkozy, als »Erneuerer« französischer und europäischer Politik in die Annalen eingehen will. Ob der Rettungsversuch gelingt, ist mehr als fraglich. Denn die Motive für das »Umfallen« sind vielfältig. Bundespräsident Köhler wartet auf das Urteil des Verfassungsgerichts, Tschechien fürchtet Souveränitätsverlust, Polens Präsident die vertragliche Gleichstellung Homosexueller und den verminderten Einfluss im EU-Rat, der mit »Lissabon« besiegelt wäre. Die Iren dagegen lehnen den sozialen Kahlschlag in Europa ab. Dass mit positiven Aspekten des  Lissabon-Vertrags, wie dem faktischen Vetorecht nationaler Parlamente gegen EU-Gesetze oder der Möglichkeit von Bürgerbegehren, die Festlegung auf neoliberale und aggressive Politik nicht kompensiert wird, ist klar. Vielleicht waren sie ja nur die Köder, um Sympathie für das Abkommen zu wecken. Das dies nicht nur bei Völkern, sondern auch bei Regierungen gescheitert ist, muss Sarkozy nun ausbaden.

Quelle: Neues Deutschland

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