Berliner Morgenpost: Linke Gewalt darf nicht länger toleriert werden
Archivmeldung vom 16.11.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLinke Gewalt in Berlin - endlich scheint sie auch der Senat ernst zu nehmen. Dafür spricht eine Studie des Verfassungsschutzes, die in dieser Woche gemeinsam von Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Verfassungsschutzpräsidentin Claudia Schmid und Polizeipräsident Dieter Glietsch vorgestellt wurde. Gibt es über rechtsextremistische Gewalt zu Recht reichliche Erhebungen, sind Straftaten aus der linksextremistischen Szene erstmals umfänglich untersucht worden.
Es war höchste Zeit. Denn das Ergebnis ist ernüchternd und erhellend zugleich: Durchschnittlich 139 Delikte mit linksextremistisch begründeter Gewalt gibt es jedes Jahr in Berlin. Dem rechtsextremistischen Lager werden jährlich 72 Straftaten zugerechnet. Jede Straftat, auch jede politisch motivierte - egal, ob von links oder rechts -, ist zu verdammen. So wach besonders der Senat und das gesamte linke politische Spektrum der Stadt aus bester Überzeugung gegenüber rechtsextremistischen Untaten ist, so ambivalent - wenn überhaupt - reagiert sie auf die Gewalt von links. Längst ist ja nicht mehr allein der 1. Mai Kampftag der Linksautonomen. Fast täglich brennen Autos in der Stadt, von denen der Innsenator jetzt sagt, zumindest jedes zweite werde von Linksextremisten angezündet. Polizisten, mittlerweile sogar Polizeistationen, werden angegriffen. Auch wenn sich die Polizeiführung der Stadt bei der Aufklärung der Straftaten bislang nicht mit Ruhm bekleckert, sondern sich durch provokante Äußerungen eher blamiert hat (der Polizeipräsident empfahl Kreuzberg als No-Parking-Zone für Luxus-Limousinen), ist einzuräumen, dass sie es schwer hat. Das gilt vorrangig für die Aufklärung der Autobrände. Umso dringlicher ist es, dass auch die linksextremistische Gewalt in der Stadt zum großen Thema aller gemacht wird. Warum bitten Innensenator und Polizeipräsident nicht endlich zu einem Runden Tisch? Beide geben selbst zu, dass die Polizei allein die Autobrände nicht stoppen kann. Warum also nicht Bürger, Quartiersmanager und Hilfswillige mit Zugang zur linksextremen Szene um Hilfe bitten und um einen Tisch versammeln? Nach amtlicher Aufklärung über das Ausmaß linksextremistischer Gewalt muss endlich an einem gesellschaftlichen Konsens zur Ächtung auch dieser Gewalt gearbeitet werden, wie es ihn gegenüber der von Rechtsextremisten längst gibt. In Berlin ist noch immer zu viel klammheimliches Verständnis im linken Lager von Sozialdemokraten über Linkspartei bis hin zu den Grün-Alternativen für Illegales von links zu konstatieren. Damit muss Schluss sein. Es würde dem Regierenden Bürgermeister gut anstehen, sich auch darüber Gedanken zu machen. Wann ruft er alle politischen Lager, alle Berliner auf, sich entschlossen wie gegen Rechtsextremisten auch gegen die Gesetzesbrecher von Linksaußen zu wehren? Ein solcher Appell würde der politischen Kultur in der Stadt ebenso nützen wie dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen. Die Polizei und damit der Senat haben nicht allein für den Schutz von Staatsgästen zu sorgen. Auch für den aller Berliner.
Quelle: Berliner Morgenpost