Lausitzer Rundschau: Brandenburgs rot-rote Koalition und die Stasi-Enthüllungen
Archivmeldung vom 05.12.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZwei der Sabotage überführte Matrosen wurden über die Planke gejagt, das prächtige Schiff mit den zweifach roten Segeln setzt stolz seine Fahrt fort. Brandenburgs Regierungskoalition in der Krise? Aber nein. Auch nicht die SPD. Und schon gar nicht die Linke. Es ist eine eigenartige Erfahrung, offenkundig intelligente Menschen dabei zu beobachten, wie sie haarscharf am Rande der Realitätsverweigerung wandeln.
Das jedenfalls, was sich am Freitag im Brandenburger Landtag in den Beiträgen von Vertretern der rot-roten Regierungskoalition widerspiegelte, trug schon leichte Züge politischer Paranoia. Im Zusammenhang mit den jüngsten Stasi-Enthüllungen war da immer wieder wahlweise von Treib-, Hetz- oder Hexenjagden die Rede, von einer denunziatorischen Kampagne gegen das Bündnis von SPD und Linke, für die sich dunkle Mächte - die Medien, die Birthler-Behörde und Teile der Opposition - zusammengeschlossen haben. Und in den eigenen Reihen? Da wurde die alleinige Schuld für das Desaster bequemerweise bei den Stasi-belasteten Abgeordneten Adolph und Hoffmann verortet, die schon nicht mehr dazugehören - nicht ohne den Hinweis, dass es sich hier um verachtenswerte Einzelfälle handele. Er jedenfalls, betonte Matthias Platzeck, habe nicht den Eindruck, dass ein generelles Versagen des Koalitionspartners vorliege bei dem Versuch, mit der eigenen Vergangenheit ins Reine zu kommen. Es war nicht weniger als eine Ehrenerklärung für die Linke. Mit ihr hat sich der SPD-Ministerpräsident endgültig an diese Koalition gekettet, die ihm bisher nur wenig Freude bereitet hat. Denn entgegen vielem, was am Freitag in Potsdam behauptet wurde, sollte die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit eben kein zentrales Thema der ersten rot-roten Koalition in Brandenburg sein. Natürlich ging es um einen Schlussstrich. Natürlich wollte und will Linksfraktionschefin Kerstin Kaiser nicht täglich über ihre Spitzel-Vergangenheit Rechenschaft ablegen, die Frau will regieren - vielleicht sogar tatsächlich, um sich "in tätiger Reue" (Platzeck) ums Gemeinwesen verdient zu machen. Und natürlich verfolgte die SPD mit dem Koalitionswechsel in Brandenburg neben inhaltlich-politischen auch partei-strategische Ziele. All dies tritt in den Hintergrund, weil die Vergangenheit nicht vergangen sein will. Für Matthias Platzeck wird der Spielraum immer enger. Wie er das Schiff auf Kurs halten will, sollte es weitere Enthüllungen geben, weiß er derzeit wohl selber noch nicht.
Quelle: Lausitzer Rundschau