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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Stuttgart 21

Archivmeldung vom 21.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Auch Grün-Rot versteht sich auf politischen Etikettenschwindel: Was Nils Schmid gestern einen Durchbruch im Streit um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 nannte, ist bloß ein Formelkompromiss. Grüne und SPD haben die Blamage fürs Erste abgewendet. Das Ende aber bleibt offen. Die Hoffnung der Demnächst-Koalitionäre ruht nun voll und ganz auf dem noch unter Schlichter Heiner Geißler ersonnenen Stresstest.

Insbesondere die Grünen müssen darauf setzen, dass am Bahnkonzept Nachbesserungen notwendig werden, die die Gesamtkosten deutlich über die festgesetzte Grenze von 4,5 Milliarden Euro steigen lassen. Dann könnte das Land politisch und rechtlich unfallfrei aussteigen, das Projekt hätte sich wohl von selbst erledigt. Wenn man von der Frage absieht, wie lange die baden-württembergische Landeshauptstadt dann auf einen modernen Bahnhof warten müsste. Bis die Ergebnisse des Stresstests jedoch vorliegen, soll die Koalition längst gebildet sein. So hilft das Moratorium Grün-Rot aus der größten Not. Diese Not allerdings wird mit voller Wucht zurückkehren, wenn der Stresstest nicht das gewünschte Ergebnis bringt. Nirgendwo sind die Partner so weit auseinander wie hier. Die SPD ist für den unterirdischen Bahnhof, die Grünen wollen ihn mit aller Macht verhindern. Ein Konflikt, für den man im Wahlkampf eine Lösung gefunden zu haben glaubte, die sich längst als schöner Schein entpuppt hat. Das Volk sollte abstimmen. Dann kam der Wahlsieg und mit ihm die Zweifel bei den Grünen. Grund dafür ist die Landesverfassung, die für Volksabstimmungen ein Quorum von 33 Prozent vorsieht. Das heißt: Die S21-Gegner benötigen nicht nur eine einfache Mehrheit, um das Projekt zu stoppen, sondern auch mindestens 2,5 Millionen Stimmen, was jenem Drittel der Wahlberechtigten entspricht. Das aber gilt als nahezu unerreichbar. Weil aber nicht sein kann, was nicht sein darf, suchen die Grünen verzweifelt nach einem Ausweg. Für eine Verfassungsänderung bedürfte es der Hilfe der Opposition. Doch die CDU blieb bisher hart. Was Wunder, ist doch der politische Preis, den die Christdemokraten für das Bahnhofsprojekt gezahlt haben, auch so schon hoch genug. Verabschiedet haben sich die Grünen nun offenbar auf Druck der SPD von einer anderen Finte. Nach Kretschmanns Vorstellungen sollte eine einfache Mehrheit im Volksentscheid als neuer Arbeitsauftrag für das Parlament dienen. Kreativ, aber nicht verfassungskonform, befand SPD-Spitzenmann Nils Schmid knapp, aber vollkommen zu Recht. Doch ganz ohne Schrammen dürfte selbst ein regulärer Volksentscheid auch für die SPD nicht abgehen. Schließlich müsste man im Vorfeld Wahlkampf gegen den Koalitionspartner machen. Das freilich ist nichts gegen die Not der Grünen. Der eigene Ministerpräsident Winfried Kretschmann als Vollstrecker von Stuttgart 21 - das ist ein einziges Horrorszenario für alle Grünen.

Quelle: Westfalen-Blatt

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