LVZ: Anhörung BND-Untersuchungsausschuss Zeuge Steinmeier nicht restlos überzeugend
Archivmeldung vom 19.12.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor einer "skandalösen Umdeutung von Geschichte" warnte Frank-Walter Steinmeier im BND-Untersuchungsausschuss.
Hier, auf der Vorwahlkampfbühne für 2009 und der Nachbearbeitungsstätte rot-grüner Wahlkämpfe, hat sich erwiesen, dass der einstige Geheimdienstkoordinator und jetzige SPD-Kanzlerkandidat doch auf dem Weg eines nicht ganz untauglichen Wahlkämpfers ist. Man pickt sich das heraus, das den größten politischen Gewinn verspricht. Während sich die heutige Kanzlerin und frühere Unions-Oppositionsführerin Angela Merkel beim Krieg führenden US-Präsidenten Bush noch für das rot-grüne Nein zum Irak-Einmarsch quasi entschuldigte, war Steinmeier dabei, als Rot-Grün offiziell den angefragten Waffen-Dienst verweigerte. Wenn es das ist, was von der damaligen Regierungsverantwortung im Gedächtnis bliebe, dann hätten die Richtigen zur rechten Zeit regiert. Kritikwürdig ist, und das überspielte Kanzlerkandidat Steinmeier recht mühevoll, während Pensionist Fischer den Ausschuss zu einer Comedy-Bühne machte, dass damals die Gratwanderung misslang zwischen behauptetem strikten Kriegs-Nein und tatsächlicher Bündnis-Dienstleistung für die Bush-Willigen. Der kleinkrämerische Streit um einige Dutzend Bagdader BND-Informationen beschäftigt dabei Parlamentarier und andere Westentaschen-Schlapphüte mit unverständlicher Inbrunst. Nicht zwei BND-Residenten, sondern die gewährten Überflugrechte und nutzbar gehaltenen US-Standorte in der Bundesrepublik sind, im Sinne der strikten Kriegsverweigerung, der wahre Sündenfall. Dies aber geschah auf offener Bühne. Die Geschichten um den Bagdad-BND kamen spät und mühsam ans Licht. Das war dumm und fahrlässig. Aber deren Beitrag zur Erstellung eines militärischen Lagebildes für die Kriegs-Alliierten war keinesfalls von so heldenhafter Bedeutung, wie manche US-Kronzeugen oder Enthüllungs-Spezialisten immer mal wieder glauben lassen möchten. Wichtig ist allerdings:Die von Kanzler Schröder 2003 öffentlich behauptete Rolle Deutschlands - "keine direkte oder indirekte Beteiligung am Krieg" - hat es nur in der gefühlten rot-grünen Welt und im Parteienwettstreit gegeben. Tatsächlich verhielt man sich bis auf das Grundsatz-Nein ziemlich bündnisloyal. Anders als heute wurde das seinerzeit innenpolitisch kaum registriert. Steinmeier, der letzte große politische Überlebende von damals, ist gestern im Wahlkampf-Untersuchungsausschuss nicht gescheitert, restlos überzeugt hat er aber auch nicht. Das entspricht so ungefähr seiner derzeitigen Form als Kanzlerkandidat.
Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Dieter Wonka)