Am Ende gewinnt der Markt...immer
Archivmeldung vom 17.01.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.01.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittManchmal dauert es zugegebenermaßen etwas länger bis sich der Markt und die ihm zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten durchsetzen – beispielsweise dauerte es über 70 Jahre bis die Sowjetunion endlich an ihrer eigenen Ineffizienz, Falschplanung und Verachtung der Menschen zugrunde ging (ohne die großzügigen Kredite des Westens in den 1980er Jahren wäre es vermutlich etwas schneller gegangen). Dennoch war von der ersten Minute an klar, dass die Sowjetunion eines Tages scheitern würde.
Ähnlich verhielt es sich mit einem Experiment, welches erst vor knapp drei Jahren gestartet wurde: Der künstlichen Anbindung des Schweizer Franken an den Euro durch die Schweizer Nationalbank (SNB). Diese völlig misslungene Aktion wurde am Donnerstag mit einem großen Knall beendet. Obwohl es von vorneherein klar war, dass das Experiment nicht auf Dauer aufrecht zu erhalten sein würde, überraschte sein plötzliches Ende zahlreiche Marktteilnehmer.
Im Kern bedeutet das Ende des Währungspegs, dass die SNB aufhört, den Euro zu verteidigen: Entsprechend legte die Gemeinschaftswährung auf ihrem Weg zur Weichwährung einen Gang zu – insbesondere gegenüber dem Franken schlug zwischenzeitlich ein Minus von fast 30% zu Buche, welches sich dann bei etwa minus 20% einpendelte.
Zwar ist nicht ganz auszuschließen, dass es auch dieses Mal wieder einige Insider mit besten Kontakten in die SNB gab, die sich eine goldene Nase „verdienen“ konnten – als die SNB die Währungsanbindung überraschend verkündet hatte, überraschte die Frau des damaligen SNB-Chefs Hildebrand mit einem „glücklichen“ Händchen für Währungsspekulationen – tatsächlich aber ist der Schaden, den die künstliche, dreijährige Umwandlung des Schweizer Franken in ein Euroderivat anrichtete, für die allermeisten Betroffenen gewaltig.
In erster Linie trifft es natürlich die SNB selbst – in den vergangen drei Jahren hat die eidgenössische Zentralbank ihre Bilanz um sagenhafte 500 Prozent aufgebläht. Von den mehr als 500 Milliarden Schweizer Franken in der Bilanz (der Staatshaushalt beträgt demgegenüber magere 65 Milliarden) sind rund 50% in Euro nominiert. Mit ihrer Entscheidung entwertet die SNB einen Teil dieser Anlagen und bescherte sich selbst Verluste von mehr als 30 Milliarden Franken – die Schweizer Steuerzahler dürfen sich schon freuen.
Hartgesottene Freunde des Papiergeldsystems werden vielleicht einwenden, man möge sich bitte nicht so anstellen: Schließlich habe die SNB jene Euros zuvor mit aus dünner Luft geschaffenen Franken erworben und insofern sind die mehr als 200 Milliarden Euro in der Bilanz ein Reingewinn, egal wie sie gegenüber dem Franken bewertet werden. Leider aber ist es so, dass das Papiergeld zwar leicht (und scheinbar kostenlos) in diese Welt und damit in die Bilanzen kommt, nur wird man es umso schwerer wieder los. Der Spruch des unnachahmlichen Mephistopheles in der Faust’schen Tragödie trifft es: „Beim ersten sind wir frei, beim zweiten Knechte...“ – passenderweise versucht er sich ja auch im zweiten Teil der Tragödie selbst als Geldschöpfer.
Die Geister, die die SNB rief, verteilten sich fröhlich rund um den Globus und entsprechend dürfen sich viele an den Früchten der bösen Tat der Schweizer Notenbank „erfreuen“. Zwar trifft es in erster Linie die Schweizer selbst – der Aktienindex ging in die Knie, zahlreiche Schweizer Mittelständler dürften sich auf das Wort des SNB-Chefs verlassen haben und sich und ihre Geschäfte währungstechnisch nur unzureichend gegen die dramatische Aufwertung abgesichert haben – dies wiederum dürften viele Arbeiternehmer erfahren, wenn ihnen die Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen verkündet wird.
Auch anderswo spürt man die Auswirkungen: In den USA bzw. in Neuseeland verkündeten die ersten Broker bereits, dass sie nun ihr Geschäft einstellen müssen: Dank der „überraschenden“ Kursexplosion des Franken verfügen sie nicht mehr über eine ausreichende Kapitaldecke, um ihre Geschäfte fortzusetzen. Auch darf man gespannt sein, wie viele der 700.000 polnischen Hausbesitzer selbiges nun an die Bank abtreten müssen. Die in Schweizer Franken abgeschlossenen Fremdwährungskredite weisen zwar nach wie vor attraktive Zinsen aus, aber leider eben keine attraktiven Kurse mehr - wie viele polnische Banken eine plötzlich aufkommende Schwemme notleidender Kredite überleben werden, bleibt abzuwarten. Andererseits aber gilt der ESM ja „Gott sei Dank“ inzwischen auch für Banken außerhalb der Eurozone, da kann man sich in Polen also eigentlich ganz entspannt zurücklehnen.
Womit wir auch endgültig beim heimlichen Hauptdarsteller des ganzen Desasters angekommen wären, dem Euro. Denn tatsächlich ist alles, was die Akteure in Brüssel und Frankfurt so treiben, nichts anderes als das, was die SNB, betrieb – nur in etwas größerem Maßstab: Der Euro ist nämlich genauso der unmögliche Versuch, sich dauerhaft gegen ökonomische Gesetzmäßigkeiten und Marktkräfte zu stellen, um eine politische Vision bzw. ein vermeintliches Ideal zu verwirklichen.
Nur einen Tag, bevor die SNB sich zu einer Rückkehr zur Vernunft entschloss und dem geldpolitischen Wahnsinn ein Ende – mit Schrecken zwar, aber immerhin ein Ende – bereitete, hatte der Generalanwalt des EuGH eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass die von Mario Draghi geplanten OMT-Programme rechtmäßig wären, falls sie sich an bestimmte Rahmenbedingungen hielten. Diese Rahmenbedingungen sind freilich nur ein schlechter Witz und kaum mehr als ein vergilbtes Feigenblatt. Der spanische Generalanwalt des EuGH, Pedro Cruz Villalón, gab nämlich tatsächlich das Signal an Mario Draghi, dass er bei der endgültigen Lirarisierung des Euro nun endgültig freie Hand hat. Der EuGH wird seinem Generalanwalt sicherlich folgen. Mit anderen Worten: geldpolitische Vernunft wird in den EZB-Turm in Frankfurt nicht einziehen, sondern im Gegenteil, der Wahnsinn wird immer größere Dimensionen annehmen.
Dabei müssten sich all die keynesianischen Makro-Klempner und vollpolitisierten Ingenieure der Vodoo-Ökonomie das Scheitern der SNB-Strategie ganz dick ins Stammbuch schreiben und es als ein unheilvolles Menetekel für ihr Treiben und den Euro an sich begreifen: Der Markt wird sich am Ende durchsetzen – immer.
Quelle: Freitagsgedanken, von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer und Christian Bayer, Liberale Vereinigung