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Mit Signalwirkung

Archivmeldung vom 11.05.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Die ING geht voraus und schafft das Verwahrentgelt quasi ab, obwohl eine Zinswende in Europa nur antizipiert wird. Im Juli dürfte die Europäische Zentralbank angesichts der hohen Inflation die Zinsen erhöhen, wird spekuliert. Sicher ist das aber nicht, und selbst wenn, ist unklar, wie kräftig der Zinsschritt ausfällt und ob weitere folgen. Umso bemerkenswerter ist die frühe Festlegung der ING. Sie dürfte Signalwirkung haben.

Zwar hatte bereits die Oldenburgische Landesbank als Vorreiterin vor rund drei Wochen die Freigrenzen für Einlagen von Privatkunden, ab denen 0,50 Prozent Strafzinsen fällig werden, angehoben. Doch als Regionalbank fehlt ihr das Gewicht, das eine der größten deutschen Banken mit mehr als 9 Millionen Kunden aufbringt. Die ING erwartet nach Drosselung der Einlagenzuflüsse nun wieder verstärkte Zuflüsse. Was Banken landauf, landab versucht haben, die Kundschaft davon abzuhalten, ihr Geld auf schnöden Konten anzulegen, verkehrt sich perspektivisch ins Gegenteil.

Sparkassen und Banken la­mentierten einerseits zu Recht, dass sie Einlagenüberschüsse, die sie nicht als Kredite ausgereicht oder vernünftig angelegt bekommen, bei der Notenbank zu Minuszinsen zu parken ge­zwungen sind. Andererseits sind ihnen aber auch Freibeträge eingeräumt und dank der Refinanzierungsgeschäfte TLTRO III der EZB teils erkleckliche Zinseinnahmen beschert worden. Derlei (Teil-)Kompensationen hin oder her, der Unmut über die Strafzinsen, Verwahrentgelte, Negativzinsen oder wie auch im­mer der von Banken an ihre Kundschaft weitergereichte Zinssatz der EZB-Einlagefazilität von minus 0,50 Prozent genannt wird, wird auf fast jeder Pressekonferenz überdeutlich. Die "liebevolle Um­armung der Kunden" nehme den Instituten zunehmend be­triebswirtschaftlich die Luft zum Atmen, kommentierte etwa Sparkassenpräsident Helmut Schleweis einst.

Auch wenn angesichts einer langsamen Zinswende mit dem unliebsamen Geldzufluss in ab­sehbarer Zeit Schluss sein mag, ganz aus dem Schneider sind die Institute dann noch nicht. Weil die Kreditzinsen üblicherweise mit einer Zinsbindung von bis zu 15 Jahren festgeschrieben sind, und das zu niedrigen Sätzen, gleichzeitig aber der Druck hoch ist, die Einlagenzinsen rasch anzuheben, dürfte sich die Zinsmarge zunächst weiter einengen, statt sich zu verbreitern. Das ändert sich natürlich mit der Zeit, wenn Zinsbindungen ab­laufen und Verträge - dann zu höherem Zins - angepasst werden. Aber bis dahin gehen Jahre ins Land. Bevor es besser wird, kann es zumindest für einige Institute erst schlechter werden.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Tobias Fischer

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