Lausitzer Rundschau: Gesundheitsrefom stärkt Merkels Macht
Archivmeldung vom 17.02.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBöse Zunge behaupten, Angela Merkel hat ihre schärfsten innerparteilichen Widersacher nach mehr als einem Jahr Kanzlerschaft wie die Spinne "Schwarze Witwe" weggebissen. Zur Politik gehört zwar eine gehörige Portion Rücksichtslosigkeit. Doch das System Merkel funktioniert anders: über Geduld und Akribie. Sie hat gewartet.
Die Entstehung der Gesundheitsreform steht für diesen Merkelschen
Regierungsstil; für ihr Verständnis von Macht in einer Großen
Koalition und ihren Umgang mit den Gängelungen der eigenen
Ministerpräsidenten. In den Details der Reform war kaum jemand so
präsent wie die Regierungschefin. Sich abarbeiten an den Fallstricken
des Werkes ließ sie wohlweißlich aber andere: Den Bayern Edmund
Stoiber, der in einem Hin und Her den Rettungsanker gegen den eigenen
politischen Niedergang sah. Den Saarländer Peter Müller, der mit
Dauerkritik sein bundespolitisches Profil zu schärfen suchte. Oder
den Baden-Württemberger Günther Oettinger, der einen bizarren
Gutachterstreit um die Folgekosten der Reform mit- initiierte. Ein
Eigentor.
Sie alle haben vorgegeben, stets im Länderinteresse zu handeln. Das
ist aber nur die halbe Wahrheit. Es ging den Männern auch darum, der
Frau im Kanzleramt ihre Grenzen aufzuzeigen. Schaut man sich das
Reformergebnis an, ist Merkel gemessen an ihren hohen Ansprüchen
durchaus zerzaust worden. Doch der grenzwertige Prozess der
Reformfindung ist vor allem den Unionsministerpräsidenten auf die
Füße gefallen. Der Hesse Roland Koch und der Niedersachse Christian
Wulff haben frühzeitig begriffen, das es sinnlos ist, sich derzeit
gegen Merkel zu profilieren. Noch würde dies nur für einen
Solidarisierungseffekt sorgen, den sie mit ihrer Abstrafung bei den
Wahlen auf dem CDU-Parteitag schon bitter zu spüren bekommen haben.
Das Lauern haben sie deshalb nicht aufgegeben. Jürgen Rüttgers aus
Nordrhein-Westfalen ist ein Sonderfall; der selbsternannte
Arbeiterführer kann im sozialdemokratisch sozialisierten NRW nur
bestehen, wenn er eben dieses rote Antlitz annimmt. Merkel lässt ihn
geduldig gewähren. Es wird auch ihr nützen.
Die Balance zwischen Merkel und ihren Ministerpräsidenten ist somit
durch das Geschacher um die Gesundheitsreform zugunsten der Kanzlerin
austariert worden. Spätestens, wenn kommendes Jahr in Hessen,
Niedersachsen und Bayern die heißen Wahlkampfphasen beginnen, dürfte
die taktische Geduld der Kanzlerin auf eine neue Probe gestellt
werden.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau