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Unberechenbar: Zu Siemens Gamesa

Archivmeldung vom 03.08.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.08.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Siemens Gamesa ist eigentlich ein Hersteller von Windkraftanlagen. Zuverlässig liefert das spanisch-deutsche Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 2017 jedoch vor allen Dingen eines: schlechte Nachrichten. Am Dienstag war es wieder einmal so weit. Nachdem bisher die landgestützten Räder neuester Bauart für Sonderbelastungen in dreistelliger Millionenhöhe gesorgt hatten, bezifferte der Vorstand die Kosten der Mängel an allen anderen Onshore-Reihen ebenfalls auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Diese 113 Mill. Euro treiben den Verlust im Geschäftsjahr auf ein noch höheres Niveau, als der Vorstand ohnehin vorhergesagt hatte.

In der Disziplin Prognosesenkung ist Siemens Gamesa also Weltklasse. Wie ein derartiges Desaster in einem oligopolistischen Markt möglich ist, dürfte Stoff für einige Masterarbeiten in Betriebswirtschaftslehre liefern. Schließlich geht es der gesamten Branche trotz des Hypes um erneuerbare Energie schlecht. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gamesa sich die Suppe zu einem Gutteil selbst eingebrockt hat. Den Anteil hausgemachter Zutaten schätzt der neue Vorstandschef Jochen Eickholt auf zwei Drittel.

Dem Kapitalmarkt kann dies vorerst alles egal sein. Denn der Gamesa-Kurs ist zementiert, seitdem Siemens Energy die Übernahmeofferte beziffert hat. Das formelle Angebot dürfte demnächst folgen. Für die Investoren wichtiger ist, wie die Kapitalerhöhung von Siemens Energy für den Zukauf ausfällt. Der aktuelle Aktienkurs ist mit rund 15 Euro je Aktie auch historisch gesehen extrem niedrig.

Die Energy-Anleger sind also durchaus interessiert an der Frage, ob Eickholt nach Amtsantritt nur ausgemistet hat oder diese neue Sonderbelastung ein Vorbote von mehr Enttäuschungen ist. Die Tatsache, dass auch für Posten im Auftragsbuch vorgesorgt wurde, spricht für die erste Variante. Trotzdem bleibt der Konzern unberechenbar. Er hat die Fusion aus Gamesa- und Siemens-Einheiten nie richtig vollzogen, die Onshore- und Offshore-Sparten werkeln nebeneinander her. Die Tatsache, dass das Auftragsbuch im dritten Quartal mit 34 Mrd. Euro ein Rekordhoch erreicht hat, kann angesichts dieser Dysfunktionalitäten auch ein Fluch sein.

Immerhin gibt es erste positive Signale. Der durchschnittliche Verkaufspreis der Onshore-Turbinen pro Megawatt stieg zuletzt auf 0,89 Mill. Euro. Letztmals hatte der Konzern 2015/16 mit 0,9 Mill. Euro mehr erreicht. Und die Preise legen weiter zu. Erneuerbare Energien stehen vor goldenen Zeiten. Unklar ist nur, wann diese für Gamesa beginnen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Michael Flämig

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