WAZ: 2007 - Das Jahr der Verbote
Archivmeldung vom 31.12.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVon der Bundes-Drogenbeauftragten Sabine Bätzing (SPD) durften wir jüngst lesen: "Ich werde zu Silvester wahrscheinlich ein Glas Sekt trinken und auf den Jahreswechsel anstoßen." Das klingt nicht sehr ausgelassen. Geht uns aber nichts an. Denn es ist Privatsache, mit wie viel Promille oder stocknüchtern jemand ins Neue Jahr prostet. Bereits der alte Fritz sagte, jeder solle nach seiner Fasson glücklich werden.
Diese Liberalität eines feudalen Herrschers scheint ausgerechnet
unser demokratischer Staat zunehmend aufzugeben. Was Politiker in
diesem Jahr nicht alles an Verbots-Diskussionen losgetreten haben:
Alkoholverbot für Jugendliche, Rauchverbot, Glühbirnenverbot,
Fernreiseverbot, Gib-Gas-ich-will-Spaß-Verbot und ganz frisch auf dem
Tisch das Alkoholreklame-Verbot.
Es ist richtig, alles Erdenkliche zu tun, junge und erwachsene
Bürger über die Gefahren des Lebens aufzuklären und Hilfen
anzubieten. Und natürlich muss der Staat die Allgemeinheit durch
konsequente Verbote schützen. Dabei sollte sich aber die Politik so
weit es geht aus dem Privatleben der Bürger heraushalten. Denn bei
aller Liebe zur Gesundheit nimmt vor allem die Debatte über den
privaten Genuss mittlerweile bevormundende Züge an. Es scheint, dass
in unseren Ministerienstäben die sozialpädagogisch geschulte
Fürsorgefraktion die Überhand gewonnen hat.
Aber so wenig, wie die amerikanische Regierung in den 30er Jahren
durch die Prohibition den Alkoholkonsum in den Griff bekommen hat
(dafür bekam sie Al Capone und die Mafia), wird es unseren Politikern
gelingen, das Volk auf das angepeilte Maß der Gesundbeter zu bringen.
Es wird weiterhin geraucht und getrunken werden, der Ökobratling wird
im Ruhrgebiet der fetten Currywurst, Pommes rot-weiß und dem Döner
niemals den Rang ablaufen. Und sonntags gibt es auch zukünftig
Schwarzwälder Kirsch und danach ein Likörchen. Und das, obwohl alle
wissen, dass es eigentlich anders gesünder wäre.
Keineswegs dürfen die Gefahren von Nikotin-, Fett und
Alkoholsucht heruntergespielt werden. Aber sie gehören zu den
Begleiterscheinungen einer freien, aufgeklärten Bürgergesellschaft,
in der jeder sich auch in Eigenverantwortung für die Höhe seines
Genusspegels sollte entscheiden dürfen.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung