General-Anzeiger: Undiszipliniert und unseriös
Archivmeldung vom 09.08.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs war zu befürchten, dass er angesichts der sich verbessernden Umfragewerte irgendwann undiszipliniert wird. Wenn SPD-Chef Gabriel jetzt gegen die Rente mit 67 Stellung bezieht, dann liegt er nicht nur in der Sache falsch. Er begeht, indem er sich offen gegen Fraktionschef Steinmeier und damit gegen die "alte Regierungs-SPD" positioniert, auch einen strategischen Fehler.
Dass die Flügelkämpfe seit Übernahme der Oppositionsrolle eingedämmt waren, hatte auch etwas mit der überraschend gut funktionierenden Arbeitsteilung zwischen Gabriel und Steinmeier zu tun. Während Steinmeier die Fraktion zusammenhielt und Seriosität ausstrahlte, holzte Gabriel gegen Schwarz-Gelb, wann immer es ging. Und das ging fast durchgehend. Nun scheint sich der Parteichef auch mit Blick auf den nahenden Parteitag bei der Basis beliebt machen zu wollen. Wie ginge das besser, als gegen die unpopuläre Rente mit 67 zu polemisieren? Das Problem ist nur: Regierungsfähiger wird man so nicht. Im Gegenteil verschreckt Gabriel jene Leistungsträger, die die Zeche für eine vermeintlich sozialere Rentenpolitik zahlen müssten. Die ohnehin schon schwer gebeutelte Mittelschicht wird sich nun dreimal überlegen, ob sie - schwer enttäuscht von Union und FDP - in den Sozialdemokraten eine Alternative sieht. Die Rente mit 67, damals von Arbeitsminister Müntefering fast im Alleingang durchgedrückt, ist eine sinnvolle Antwort auf den demografischen Wandel. Sollten die Bezüge und das Renteneintrittsalter stabil bleiben, dann müssten die Beiträge steigen. Das sagt Gabriel (natürlich) nicht.
Quelle: General-Anzeiger