Mittelbayerische Zeitung: Die Würde ist es wert
Archivmeldung vom 25.07.2018
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Freigeschaltet durch André OttWer jemals einen fixierten Patienten sah - ob im Pflegeheim oder in der Klinik -, der weiß genau, dass dies immer ultima ratio, also das letzte geeignete Mittel, sein sollte. Die Würde des Menschen, sein Recht auf Selbstbestimmung ist aufs Tiefste verletzt, wenn er durch Gurte an Bett oder Stuhl gefesselt und bewegungsunfähig gemacht wurde. Insofern ist es richtig, dass für länger dauernde Zwangsmaßnahmen ein richterlicher Beschluss nötig wird.
Allerdings: Der bürokratische und damit finanzielle Aufwand ist beträchtlich. Zudem stellt die Neuregelung Ärzte und Pfleger vor erhebliche Probleme. Schließlich müssen sie, bei Suizidgefahr oder um sich selbst zu schützen, schnell reagieren. Der Alltag wird zeigen, dass der richterliche Beschluss häufig erst nachträglich eingeholt werden kann. So erleben es betreuende Angehörige von demenzkranken oder postoperativ verwirrten Menschen in Krankenhäusern schon jetzt. Erst Tage nach einer Fixierung, etwa weil ein Patient sich beim Versuch, aus dem Bett zu steigen, verletzt hat, wird man über die Maßnahme auch schriftlich informiert. Meist ist der Angehörige die Fesseln dann schon wieder los. Der Vorgang ist umständlich, doch er hilft sicherzustellen, dass überfordertes Personal nicht bei lästigen oder renitenten Patienten den einfachsten Weg geht. Ganz auszuschließen ist das freilich auch in Zukunft nicht. Ruhigstellen lassen sich Kranke auch durch Medikamente.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots) von Claudia Bockholt