"Der Tagesspiegel" aus Berlin meint zum Gipfel in Davos:
Archivmeldung vom 25.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn sich gestern 2000 der mächtigsten Menschen der Welt in Davos einfinden, stoßen sie auf ein Problem. Oder eine Herausforderung, wie moderne Manager und Politiker ja gerne sagen. "The Creative Imperative" ist das Weltwirtschaftsforum in diesem Jahr überschrieben. Der kreative Imperativ? Gemeint ist wohl, dass wir alle gezwungen sind, kreativ zu sein, um in der Welt von morgen zu bestehen.
Eine wohlfeile Einsicht, der niemand widerspricht. Was aber heißt
kreativ in Bezug auf die Probleme der Welt? Oder anders gefragt: Ist
wirklich ein Mangel an Kreativität schuld daran, dass wir, um nur
einige Beispiele zu nennen, Aids und Hunger in Afrika, die Gewalt in
Nahost oder die allmähliche Zerstörung unserer Umwelt nicht in den
Griff bekommen?
Denn der Begriff des kreativen Imperativs legt die Messlatte hoch.
Wenn er die Welt so prägen sollte, wie es der kategorische Imperativ
tat, dann haben die Davos-Teilnehmer viel vor sich. "Handle so, dass
die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer
allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." Das ist der historische
Imperativ, den Immanuel Kant vor 220 Jahren niedergeschrieben hat.
Aber es ging Kant eben nicht darum, uns allen Vorschriften zu machen.
Für ihn beschrieb der kategorische Imperativ die Grundlage jeglicher
praktischen Vernunft. Und deswegen gilt der Satz absolut, immer,
überall und eben auch für die heutigen Probleme der Welt. Soll es zum
Beispiel ein allgemeines Gesetz sein, dass die Menschen immer mehr
Energie verbrauchen, dass sie darüber Kriege führen und das
ökologische Gleichgewicht zerstören? Nein, das wäre unvernünftig. Was
folgt daraus für das Handeln einer Regierung oder eines Unternehmens?
Es ist Kanzlerin Angela Merkel, von der heute eine Antwort erwartet
wird.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel