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Westdeutsche Zeitung: Merkels Murks

Archivmeldung vom 30.09.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Macht es Sinn, sich in die undurchsichtige Motivlage dieser Kanzlerin hineinzudenken? Was bewegt Angela Merkel, in den zähen Verhandlungen um die Gesundheitsreform völlig unabgestimmt mit einem gänzlich neuen Vorschlag zu kommen? Zwei Motive drängen sich auf.

Merkel musste angesichts ihres dramatischen Autoritätsverlusts Handlungsfähigkeit beweisen. Bei gleichen Gewichtsverhältnissen der beiden Koalitionspartner wagt kaum noch jemand, das Wort von der Richtlinienkompetenz in den Mund zu nehmen. Zugleich lassen die Ministerpräsidenten der Union keine Möglichkeit aus, sich als Riege von Nebenkanzlern zu profilieren.

Das zweite Motiv liegt im dramatischen Zustimmungsverlust der beiden Regierungsparteien und der Union im Besonderen. Mit der Mehrwertsteuererhöhung zum Jahreswechsel und einer dann folgenden Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zum zweiten Quartal '07 könnte der Langmut der gebeutelten Bürger ein Ende finden. So treffend Merkels Selbsterkenntnis sein mag: Ihr verzweifelter Schnellschuss trifft zweimal ins Leere.

Schon die ersten Reaktionen zeigen: Die Kanzlerin kann ihren Vorschlag, mit den gestiegenen Steuereinnahmen die Beitragserhöhung bei den Kassen überflüssig zu machen, gar nicht durchsetzen. So wird der geplante Befreiungsschlag zum weiteren Beweis ihrer Machtlosigkeit. Und auch handwerklich ist der Vorstoß mangelhaft. So richtig es ist, die Gesundheitskosten zu einem stärkeren Teil über Steuern zu finanzieren, statt diese allein den Arbeitnehmern aufzubürden, so wenig kann man eine solche Gewichtsverschiebung nach Kassenlage vornehmen. Die Kanzlerin, die mit den Vorschusslorbeeren einer klaren Analytikerin ihr Amt antrat, hat uns nur noch Murks anzubieten. Eine traurige Erkenntnis.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung

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