Börsen-Zeitung: Da fehlt noch was
Archivmeldung vom 14.09.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs fehlen noch immer rund 200 Milliarden. Bisher hat die Europäische Zentralbank (EZB) 143 Mrd. Euro in Staatsanleihen der Euro-Peripherieländer gesteckt. Bis Anfang August kauften die Notenbanker dabei wohl nur griechische, irische und portugiesische Papiere, und zwar im Umfang von knapp 80 Mrd. Euro - etwa 15% der Schulden Athens, Dublins und Lissabons befinden sich damit auf den Büchern der EZB.
Dann erklärten die Währungshüter, die Käufe nun auf spanische und italienische Bonds auszuweiten. Prompt wurden für weitere 70 Mrd. Euro Papiere gekauft. Der Großteil dieser Summe dürfte in italienische Papiere geflossen sein. Doch trotz dieser heftigen Ausweitung der Käufe ist der Anteil der EZB an den Schulden Roms deutlich geringer als in den zuerst genannten drei Ländern, nämlich weniger als 4%. Um auf 15% zu kommen, müssten nochmals für mindestens 200 Mrd. Euro Papiere gekauft werden. Da fehlt also noch was.
Die Summen sind gewaltig, aber der Anteil am gesamten Markt gering. Es ist kein Wunder, dass die erhoffte Wirkung ausbleibt - selbst 15% scheinen noch zu gering zu sein, um eine Wirkung zu erzielen. Das zeigen die Renditen Griechenlands. Auch sie konnten durch die EZB-Käufe nicht gesenkt werden. Dass es erst recht nicht ausreicht, 4% des Marktes zu kaufen, zeigt die gestrige Auktion Italiens. Wieder einmal musste Rom Rekordzinsen bieten, um ausreichend Nachfrager zu finden. Die Rendite kletterte auf 5,6% - so hoch wie nie seit der Euro-Einführung.
Will die EZB diesen Trend brechen, muss sie noch stärker am Markt intervenieren. Das freilich wirft schwere ordnungspolitische Probleme auf. Erstens erhöht die Notenbank das Moral-Hazard-Problem: Warum soll Berlusconi mit Sparen und Reformieren Ernst machen, wenn die EZB im Problemfall einspringt? Zweitens übersteigt das Volumen der gekauften Anleihen mittlerweile deutlich das ohnehin geringe Eigenkapital der Notenbank von 4% der gesamten Aktiva.
Abschreibungen auf die gekauften Wertpapiere könnten für die EZB folglich zum Problem werden. Zwar kann sie theoretisch auch mit negativem Eigenkapital operieren, aber praktisch dürfte dies zu einem herben Vertrauensverlust in die Notenbank führen. Deshalb kann sie immer weniger zulassen, dass ein Krisenland pleitegeht. Es gilt die alte Regel: Hast du 10000 Euro Schulden, hast du ein Problem - hast du 10 Mill. Euro Schulden, hat die Bank ein Problem. Italien schuldet der EZB mittlerweile wohl mindestens 50 Mrd. Euro.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots)