Lausitzer Rundschau: Der 40. Jahrestag des 2. Juni 1967
Archivmeldung vom 02.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer 2. Juni 1967 ist zumal in den neuen Bundesländern ein Datum, mit dem die Allerwenigsten ein bedeutsames Ereignis verbinden. Und doch hat dieser Tag, an dem in Berlin-West der Student Benno Ohnesorg starb, die Geschichte der Bundesrepublik und auch des vereinigten Deutschlands sehr nachhaltig beeinflusst.
Zum ersten Mal war der bis dahin eher brave, mehr um Spaß als um
Militanz bemühte studentische Protest mit einer unwiderruflichen
Tatsache konfrontiert - dem Tod eines jungen Menschen, dessen Frau
ein Kind erwartete, der so friedfertig wie wehrlos war und jedes
Recht hatte, gegen den die Diktatur des Schahs von Persien zu
demonstrieren. Nun war der Protest gegen den Schah und der so tiefe
Schock wiederum nur erklärbar als Reflex auf das viel tiefer gehende
Trauma der westdeutschen Gesellschaft. Bis zum Jahr 1967 war es nicht
gelungen, wenigstens ansatzweise die Fragen zu beantworten, die sich
mit dem damals ja schon Jahrzehnte zurückliegenden Völkermord des
nationalsozialistischen Regimes verbanden. Es gab keine Antworten auf
die Frage, wo die Eltern und Großeltern waren, als die Juden durch
die Straßen getrieben wurden. Dafür aber regierte 1967 ein
Bundeskanzler, der Mitglied der Nazi-Partei gewesen war.
Das bleierne Schweigen, gepaart mit dem Erschrecken über einem Land,
das wieder die Maske des brutalen Polizeistaates zu tragen schien,
ist ein wesentlicher Grund für die Gewaltexzesse, die dann viele
Jahre die Politik der Bundesrepublik überschatteten. Ohne den 2. Juni
ist der deutsche RAF-Terrorismus nur schwer vorstellbar.
Wer in der Rückschau daraus Schlussfolgerungen ziehen will, muss
darüber nachdenken, ob es inzwischen gelungen ist, einen besseren
Umgang mit den dunklen Seiten der deutschen Geschichte zu pflegen.
Dies gilt beileibe nicht nur für die NS-Zeit, sondern auch für die
DDR und auch für die Verbrechen des Teils der politischen Linken, der
bereit war zu schießen. Und wer etwas lernen will, der muss auch
wissen, dass das gewaltsame Ende des Lebens eines Menschen eine ganz
tiefe Spur hinterlassen kann. Heute ist ein Polizeieinsatz wie jener
an diesem Junitag nur noch schwer denkbar. Aber gerade in diesen
Tagen sollten sich alle Verantwortlichen noch einmal bewusst sein,
dass das staatliche Gewaltmonopol niemals gewisse Grenzen
überschreiten darf.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau