Börsen-Zeitung: Vodafone rutscht vom Thron
Archivmeldung vom 16.08.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Macht der Gewohnheit will es, dass man bei der Erwähnung des britischen Mobilfunkriesen Vodafone reflexartig vom Branchenführer oder der weltweiten Nummer 1 spricht. Ein Blick auf die nackte Zahlenrealität mahnt allerdings dazu, mit solchen Prädikaten künftig vorsichtiger umzugehen.
Vom Umsatzvolumen her gibt Vodafone noch immer den größten
Branchenanbieter ab. Nimmt man aber beispielsweise die Kundenzahl als
Maßstab für Größe, ist Vodafone spätestens seit der Trennung von
ihren japanischen Aktivitäten mit rund 186 Millionen Kunden nur noch
Nummer 2 hinter China Mobile, die auf über 200 Millionen Nutzer
kommt.
Angesichts des chinesischen Bevölkerungsreichtums muss man dies
bei Vodafone kaum als Zurücksetzung empfinden. Anders sieht es beim
Blick auf die Börsenbewertung aus. Seit dieser Woche ist auch die
Kapitalmarktdimension neu zurechtgerückt worden. Vodafone rutscht vom
Spitzenplatz beim Marktwert. Weltgrößter börsennotierter
Mobilfunkanbieter ist nun ebenfalls der Newcomer aus China.
Das tut weh. Tatsächlich hat die Vodafone-Aktie nach 6%
Kursrückgang in der vergangenen Woche ein 52-Wochen-Tief bei 110
Pence erreicht und kommt damit auf knapp 58 Mrd. Pfund Marktwert. Die
in Hongkong gelistete China Mobile kletterte auf über 51 HK-Dollar
und liegt nun umgerechnet bei knapp 70 Mrd. Pfund.
Allein wegen der regionalen Beschränktheit des Marktauftritts von
China Mobile und der bekannten Tücken chinesischer Aktienmärkte
ändert sich nichts an der Stellung Vodafones als globale Benchmark
für die Portefeuillegestaltung institutioneller Investoren. Dennoch
kommt man nicht umhin, der Entwicklung eine gewisse Symbolkraft für
den revidierten Machtanspruch der jahrelang als unantastbar und vor
allem unfehlbar geltenden Vodafone beizumessen.
Unzufriedene Anleger hatten jüngst erst auf der
Vodafone-Hauptversammlung bei der Wiederwahl von Chief Executive Arun
Sarin mehr als 10% Gegenstimmen angemeldet. Das ist noch keine
Palastrevolte, aber auch mehr als nur ein Nasenstüber. Sarins Zukunft
als Strategielenker bei Vodafone wird immer stärker in einen direkten
Zusammenhang mit der Kursperformance der Vodafone-Aktie gebracht. Da
kommt das Vorbeiziehen von China Mobile zu einem denkbar schlechten
Zeitpunkt.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung