Börsen-Zeitung: Citigroup quält die Aktionäre, Kommentar zum Quartalsbericht der US-Bank von Bernd Neubacher
Archivmeldung vom 18.07.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Anleger haben ihren Daumen gesenkt. Um 2,5% fiel am Montag der Aktienkurs der Citigroup, nachdem die Bank im zweiten Quartal die Erwartung im Markt verfehlt hatte. Der Frust der Investoren ist verständlich:
Seit beinahe drei Jahren versucht Chief
Executive Charles Prince, die Bank nach dem durch verschiedene
Skandale angerichteten Flurschaden unter Vorgänger Sanford Weill neu
auszurichten und gleichzeitig die Ergebnisse nach vorne zu bringen.
Zumindest die Zahlen haben zuletzt enttäuscht: Mal sorgt, wie noch zu
Jahresbeginn, ein Anstieg privater Insolvenzen dafür, dass die Bank
hinter der Prognose zurückbleibt; mal durchkreuzen, wie diesmal,
schrumpfende Zinsspannen, ein überraschend hoher Aufwand sowie ein
Ertrags- und Ergebniseinbruch in der Randsparte Alternative
Investments die Gewinnrechnung der Anleger.
Zwar lässt sich argumentieren, dass der Wert angesichts eines Kurs-Gewinn-Verhältnisses von weniger als 10 für das kommende Jahr günstig ausschaut. Dies gilt allerdings auch für Konkurrenten wie JPMorgan, die im Jahresverlauf nicht wie der US-Marktführer nun schon zweimal die Anleger enttäuscht haben.
Mit einem Gewinn je Aktie von 1,05 Dollar hat Citigroup im
jüngsten Dreimonatszeitraum den Konsens zwar um nur 1 Cent
unterboten, und Veräußerungsgewinne im Startquartal 2005 lassen zudem
die Nettogewinnentwicklung im Vorjahresvergleich mager erscheinen.
Klammert man im zweiten Quartal aber Sondererträge aus dem Börsengang
von Mastercard und aus dem Verkauf von Filialen im Staat New York aus
und berücksichtigt man überdies eine deutliche Reduktion der
Risikovorsorge, so lässt sich schnell ein Ergebnis je Aktie
ermitteln, das auch nach umfangreichen Rückkäufen nahe am
Vorjahresniveau von 97 Cent liegt.
Anstelle von Erträgen und Ergebnissen wachsen bei der Citigroup vor allem die Kosten: Um gut ein Fünftel hat sich der Personalaufwand erhöht, während das Filialnetz im Ausland ausgebaut wird. Für Prince liegt dort die Zukunft des Geschäfts, bereits über 42% der Erträge generiert die Bank außerhalb der USA. Auf dem momentanen Kursniveau müssen Wetten, dass sich diese Expansion über kurz oder lang im Ergebnis niederschlägt, Investoren nicht viel Geld kosten, wohl aber ein gerüttelt Maß an Geduld.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung