Naturerlebnis Dünenwanderung
Archivmeldung vom 10.02.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWo die Sandberge ins Wasser fallen, singt die Feldlerche. Der Norden von Sylt ist vielfältig und faszinierend – Dünen und Heide, Watt und Wasser gehen in einander über. Von der Aussichtsdüne reicht der Blick über das glitzernde Wasser des Königshafens, über Watt und Dünenlandschaft. Bevor es losging, rief der Rotschenkel, später singt die Lerche, dann brummt was; erst die Melodie des Meeres, dann die Lieder der Heide - und zum Schluss eine Halluzination? Es geht in die Dünen des Listlandes, auf kleinen Trampelpfaden in eine wundersame Welt. Karg, einsam und schaurig-schön.
„500 Besucher dürfen pro Jahr an der geführten Wanderung zum Fuß einer Wanderdüne teilnehmen“, sagt die Wanderführerin Ute Pausch. „Das ist aus naturschutzfachlicher Sicht vertretbar und zugelassen.“ Es ist ein exklusives Vergnügen in einer in Deutschland einmaligen Landschaft. „Dies sind die drei letzten, großen Wanderdünen in der Bundesrepublik und bis vor hundert Jahren prasselte der Sand durch den Ort“, sagt Ute Pausch.
Und wer in die Dünen geht, der wird sich wundern: Da steht hüfthohes Gestrüpp. Auf den ersten Blick. Auf den zweiten: „Das ist ein einziger Baum, die Kriechweide – sie wächst bodennah“, sagt Ute Pausch und erklärt diesen bizarren Bonsai. Später lässt sie saftig-säuerliche Krähenbeeren probieren, rät aber von den Rauschbeeren dringend ab („… das gibt keinen Rausch, könnte aber mit Kopfschmerzen enden…“). Wir suchen Sonnentau und bekommen dabei nasse Füße in den ersten Ausläufern der Dünen. Am Himmel steht ein Turmfalke und darunter breitet sich eine wilde Welt aus. Sandzungen lecken am Bohlenweg, früher war der ganze Ort bedroht, heute nicht mehr, und „…unten in Rantum war die Kirche von den Wanderdünen so bedrängt, dass die Leute nur noch durch die Fenster hineinkamen.“
Ute Pausch folgt einem Trampelpfad, erst windet sich der Weg durch die Heide, dann rücken erste Dünen ran. Hier umgibt den Wanderer schnell eine schöne Stille. Auch der beständig wehende Wind hält in diesen Dünentälern inne. Zu hören sind ein sporadisch verhaltenes Zirpen und Brummen sowie die, manchmal süßen, manchmal seltsamen, Laute ferner Vögel. Gerät man an eine Stelle, an der der Wind den Sand über den Dünenkamm treibt, kann man - stürmische Böen an einem solchen Tag vorausgesetzt – ein leises Prasseln und Knistern hören. Dann, und nur dann, beginnen die Dünen zu wandern. „Erst ab einer Windgeschwindigkeit von mehr als 18 Stundenkilometern fangen die Dünen an, sich zu bewegen“, erklärt Ute Pausch, „bei starkem, anhaltendem Sturm können sie schon mal einen Meter vorrücken, im Schnitt wandern die Dünen aber nur drei bis vier Meter pro Jahr. Als maximale Geschwindigkeit haben wir bislang zehn Meter pro Jahr festgestellt.“
Am Ziel dieser Tour, dem Fuß einer der Wanderdünen, haben Wissenschaftler einen festen Fotostandort aufgestellt, um den Fortgang der Dünen zu dokumentieren. „Bei gleichbleibender Geschwindigkeit würde diese Düne List in ungefähr 250 Jahren erreichen“, sagt Ute Pausch. Der Sand, der hier übers Listland wandert (unaufhaltsam, wenn nicht durch Bewuchs oder Verbauung gestoppt), stammt von der Westküste. Trockenfallender Sand wird vom beständigen Westwind auf die Reise geschickt. Körnchen um Körnchen bauen sie sich zum gewaltigen Sandberg auf, der – wenn der Mensch nicht eingreift – in ein paar Jahrhunderten im Osten wieder ins Wasser fällt. Und weil der Mensch Wanderdünen meist stoppt, ist diese Landschaft sehr selten geworden. Und mit ihr eine sonderbare Gesellschaft.
Am Fuß der Düne ist ein Tümpel, Wollgras wippt im Wind und Reet raschelt. Das Wasser ist bereits zur Hälfte von der Düne zugeschüttet, puderfeiner Sand rinnt durch die Finger. Sandzungen umfließen Büschel mageren Grases, verschlingen alles, was im Weg steht. Dies ist die Vorhut der gewaltigen Sandberge, die sich ein paar Meter weiter westlich in den Himmel türmen. Nach Osten reicht der Blick durch ein vom Wind leergefegtes Tal. Das „Ellenbogen-Tal“ liegt zwischen zwei Dünenzügen, bewachsen mit Heide und mit weiteren Tümpeln darin. „In den Dünen des Listlandes lebt eine der größten Populationen der Kreuzkröte“, sagt Ute Pausch. Ausgerechnet Kröten im Sandland. Ohnehin lohnt es sich, in dieser wüsten Welt genauer hinzuschauen – bunt-schillernde Libellen stehen über dem Wasser, Schmetterlinge tanzen durch das seltsam flirrende Licht. Es riecht nach dem nahen Meer, nach Sandstaub und nach wildem Thymian.
Man spürt die Kühle des nahen Meeres und steht in der Schwüle naher, stiller Tümpel oder vor der staubigen Trockenheit an Dünenhängen. Nicht nur überraschend, sondern eine Welt auch voller Gegensätze. Zwischen den Dünen und in den Tälern liegt die drückende Stille eines sonnigen, langen Nachmittags. Es ist eine karge Weltverlorenheit und schaurig, wenn der spukhafte Schatten einer Sumpfohreule vorüber huscht oder gespenstisches Knattern und Grummeln, gleich einem leisen Motor, zu hören ist. Ganz leise nur und unbegreiflich, irgendwo unortbar. Das sind übrigens die Kreuzkröten. So unsichtbar sind sie wie die Kreuzotter, die längst verschwunden ist und verborgen bleibt, wie so vieles hier. Ihre Spur auf dem Sand aber kann man erkennen, ganz kurz nur. Dann nimmt der Wind diese Notiz mit fort auf seinem unendlichen Weg. Und ein paar Sandkörner wehen vorüber. Bis irgendwann alles wieder ins Wasser fällt.
Die öffentlichen Führungen, p.P. 19,-€, beginnen im April und finden bis in den Oktober statt. Ist das von der Unteren Naturschutzbehörde zugelassene Führungs-Kontingent erschöpft, ist Schluss. Karten sind in der Kurverwaltung List und im Erlebniszentrum Naturgewalten erhältlich, sowie in allen insularen Vorverkaufsstellen. Eine Onlinebuchung ist über den Veranstaltungskalender unter www.list-sylt.de möglich.
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Quelle: Nordsee-Tourismus-Service GmbH