Fe-Male: Hinein in den richtigen Körper
Archivmeldung vom 06.05.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHannah Winkler wurde als Junge geboren, wusste aber schon sehr bald, dass sie in Wirklichkeit ein Mädchen ist. Sie erzählt ihre beeindruckende Lebensgeschichte in ihrer Autobiografie "Fe-Male: Hinein in den richtigen Körper". Das Buch ist beim Berliner Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen.
Im pressetext-Gespräch schildert die 25-jährige Frau die Beweggründe für ihr erstes Buch, dessen Thematik persönlich ist. Im Prinzip gehe es ihr um Aufklärung und darum, Menschen Mut zu machen, zu sich selbst zu stehen und "dass jeder Einzelne dazu beitragen kann, die Welt ein kleines bisschen aufgeschlossener zu machen. Am Schlimmsten war es, von Ärzten und anderen als psychisch krank abgestempelt zu werden."
Gegen Schubladen-Denken
Winkler wehrt sich auch über den Begriff der Transexualität, der ihr wie ein Stigma aufgedrückt wurde. "Da werden häufig Begriffe in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben", schildert die Autorin. "Das Wechseln in die gegengeschlechtliche Rolle war - und das wurde von den meisten 'wohlmeinenden Vertretern staatlicher Instanzen' ignoriert - nicht eine Laune oder eine vorübergehende Neigung, sondern die Formulierung im falschen Körper zu stecken."
Bereits im Alter von drei Jahren hat Winkler bemerkt, dass etwas mit ihr anders sei. Heute weiß sie, dass ihr "Problem" den medizinischen Namen Harry-Benjamin-Syndrom trägt. Doch als Kind und Jugendliche schenkte man ihr nicht das Gehör für die eigentliche Problematik. "Als ich älter wurde und in die Schule kam, verschärfte sich diese Situation noch mehr, da ich zudem gehänselt und verspottet wurde."
Schutz der eigenen Identität
Winklers Appell zur größeren Toleranz und zu mehr Offenheit ist ein tragendes Thema ihres Werkes. Immer wieder betont sie, dass Betroffene sich dagegen zur Wehr setzen sollten, nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden. Sie ermutigt trotz der Demütigungen dazu, der eigenen Identität treu zu bleiben und nicht aufzugeben.
Scharf kritisiert die junge selbstbewusste Schauspielstudentin allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen von Hormontherapien und der geschlechtsanpassenden Operation. "Die Angst, dass ich, die im falschen Körper geboren wurde, in die Pubertät komme, war sehr groß", schildert sie. Sie schaffte es, noch vor dem Einsetzen der Pubertät, eine Hormonbehandlung zu bekommen.
Geschlechtsanpaassende Operationen dürfen in Deutschland gesetzlich erst ab dem 18. Lebensjahr, in Österreich sogar erst nach dem 25. Geburtstag durchgeführt werden. "Das bedeutet, dass der Leidensdruck vieler Betroffener häufig schon sehr groß ist."
Mut gegen alle Widerstände
"Der Weg, den ich gegangen bin, wäre vor 20 oder 30 Jahren gar nicht möglich gewesen. Erst langsam akzeptieren Ärzte und Wissenschaftler, dass Intersexualität angeboren ist und es sich um keine psychische Erkrankung handelt. Viele Betroffene sind vorher an Behörden und an der Ignoranz der Gesellschaft gescheitert."
Diejenigen, denen es dank der modernen Medizin gelingt, körperlich das Geschlecht zu erhalten, dem sie sich schon immer zugehörig gefühlt haben, müssen einen steinigen und oftmals schmerzlichen Weg gehen, bis sie auch juristisch der Mensch werden können, der schon seit Geburt in ihnen angelegt ist - in einer toleranten Welt ist dieses Thema auch zu diskutieren. Zornig ist Winkler heute nicht mehr. Sie ist eine selbstbewusste und glückliche junge Frau geworden.
Quelle: www.pressetext.com/Wolfgang Weitlaner