Frohes Fest: Designer-Wein unter dem Plastikbaum?
Archivmeldung vom 19.12.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.12.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn puncto Weihnachtsbaum ist es für die überwältigende Mehrheit der Deutschen keine Frage: Tradition und das Authentische gehen vor. Rund 25 Millionen echte Weihnachtsbäume werden jährlich in deutschen Wohnzimmern aufgestellt, davon stammen ca. 70 Prozent der Bäume aus Deutschland.
Bereits mit dem Aussuchen
des Baumes - zusammen mit dem Förster im Wald oder bei Glühwein auf
dem Hof des Waldbesitzers - beginnt für viele Familien ein jährliches
Ritual mit jahrhundertealter Tradition. Und so verbreitet sich am
Weihnachtsabend schnell der natürliche Duft des Waldes im Haus, den
viele mit Weihnachten verbinden. Der Plastikbaum samt Spraydose mit
Tannenduft konnte sich gegen diese Tradition bislang nicht
durchsetzen. Doch nicht immer ist der Unterschied zwischen Original
und Fälschung so klar erkennbar wie beim Weihnachtsbaum.
Was wäre ein Barrique-Wein ohne Holzfass? Das höchste Ziel der
Winzer ist die Vollkommenheit des Weines. Viele Weingüter haben die
Barrique-Weine als Spitzenprodukte im Sortiment, und so hat auch das
kleine Eichenholzfass in den letzten Jahren seinen ursprünglichen
Platz wieder zurückerobert. Schon vor Jahrhunderten entdeckte man die
positive Wirkung der Holzfässer auf den Geschmack. Heute werden für
den Weinfassbau fast ausschließlich Eichenhölzer verwendet. Der
natürliche "Geschmack" des Holzes hängt von dem Alter der Eiche,
ihrem Standort und der Holzstruktur ab. Die Auswahl geeigneter Eichen
ist daher eine Kunst für sich, und so mancher Waldbesitzer hat in den
letzten Jahren seine wertvollen Eichen in diesem exklusiven
Marktsegment absetzen können. Die wachsende Beliebtheit der
Barrique-Weine führte sogar dazu, dass nicht nur heimische Fassbauer,
sondern auch die Küfer aus Frankreich vermehrt nach Eichen aus
deutschen Wäldern fragen. Der Holzeinschlag der für die Fässer
bestimmten 150- bis 200-jährigen Eichen erfolgt in der Regel im
Winter, außerhalb der Vegetationszeit. Danach wird die Intensität der
natürlichen Aromen noch durch spezielle Verfahren der Holzbearbeitung
und Trocknung beeinflusst. Während der Lagerung gibt das Holz dann je
nach Methode seine natürlichen Aromastoffe - wie Vanille, Kaffee oder
Karamell - an den Wein ab und veredelt so seinen Geschmack.
Während sich Weinfreunde, Winzer, Waldbesitzer und Fassbauer über
die Wertschätzung alter Traditionen freuen, ziehen jetzt aus Richtung
Brüssel dunkle Wolken am Himmel auf. Dort findet am 20. Dezember eine
Aussprache über die Ratifizierung des Abkommens der EU mit den USA
und damit über die gegenseitige Anerkennung des so genannten
önologischen Verfahrens statt. Als Alternative zum Holzfass steht
damit nicht nur die Verwendung von Holzchips im Wein zur Diskussion,
sondern auch die grundsätzliche Öffnung des Marktes für Weine, die
insbesondere in der neuen Welt mit Wasser, Zucker,
unterschiedlichsten Aromen und Antischaummitteln künstlich aufgepeppt
werden. Noch offen scheint zu sein, ob der Verbraucher dies auch beim
Kauf des Weines erkennen kann. Anders als beim Weihnachtsbaum wären
dann das Naturprodukt und das Authentische nicht mehr auf Anhieb
erkennbar.
Das Bild von Weihnachten unterm Plastikbaum, bei Tannenduft aus
der Spraydose und einem Designer-Wein zur Weihnachtsgans aus der Tube
könnte so doch noch Wirklichkeit werden.
Quelle: Pressemitteilung HOLZABSATZFONDS