Erfinden 2.0 - Mehr oder weniger skurrile Patente aus dem Netz
Archivmeldung vom 19.02.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakNach Studenten, Müttern und Sportlern haben jetzt auch die Erfinder eine eigene Web 2.0 Seite. Auf Patent-net.de findet man neben einem "Gerät zum Eierentleeren" auch Wellenkraftwerke oder einen Zollstock, der gleichzeitig als Wasserwaage fungiert.
Die Gespräche mit Erfindern und Erfinderinnen zeigen: Weniger das Anmelden eines Patents ist das Problem, als vielmehr die Präsentation und der Kontakt mit Unternehmen, wissen die Betreiber der "Patentverwertungs GmbH" Marijan Jordan und Gerhard Muthenthaler. Die professionelle Vermarktung von Ideen können sich aber nicht alle leisten. Jordan und Muthenthaler mussten "oft schweren Herzens geniale Ideen wegschicken, weil wir nicht umsonst arbeiten können".
Die Lösung sahen sie darin, ihr "firmeninternes Know-how in schöner Web 2.0 Manier aufzubereiten und öffentlich zugänglich zu machen."
Somit kann seit November 2008 auf dem Online-Marktplatz www.patent-net.de jede Erfindung öffentlich präsentiert werden. Neben der Veröffentlichung können die umgesetzten Ideen auch (anonym) bewertet, verbessert sowie Kontakte für mögliche Kooperationen geknüpft werden. patent-net.de will als Schnittstelle für ErfinderInnen, PatentinhaberInnen, kreative Menschen und UnternehmensgründerInnen fungieren. Als eine - aber einzige - Voraussetzung gilt: Die Idee muss geschützt sein, dann steht der kostenlosen Registrierung nichts mehr im Weg - und im Optimalfall auch dem Geldfluss. patent-net.de zählt mittlerweile 650 registrierte Mitglieder.
Zwar ist Österreich bei den Patentanmeldungen vorne dabei, so Jordan, die Erfolge bei der Vermarktung von Schutzrechten von privaten Erfindungen können derzeit aber vorwiegend die USA und Korea für sich beanspruchen. Jordan führt das auf den "stärkeren Einsatz des Internets für die Verwertungen privater Erfindungen" zurück.
Auf der Website präsentieren sich den Usern als erstes die aktuellsten Erfindungen: Eine besonders für künstliche Nägel geeignete "Nagelpolierfeile" wurde ebenso schon erfunden wie der "Joghurtbecher neu" oder eine "Insulin-Dosis-Optimierung". Eine ambitionierte "Anlage zur Erzeugung von Energie" stellt sich auf der Seite so vor: "Die Anlage beruht auf der Basis eines (ausreichend schweren) Schwimmkörpers (auf einem Fluss oder auf dem Meer), der an einer, an einem festen Punkt 'angehangenen', in der Länge variablen Stange zur maximalen Pendelbewegung gebracht wird. Die in der Nähe des Achsauges auftretenden kinetischen Hebelkräfte werden über ein Halbzahngetriebe und einen Generator in elektrische Energie umgewandelt."
Die Anschaulichkeit der Beschreibungen variieren, auch wie die Stadien, in denen sich die künftigen Produkte befinden. Zeichnungen von den Erfindungen sind auf der Site ebenso zu sehen wie die fix und fertig umgesetzte Idee.
Präsentiert werden die Ideen in Hinblick auf das bisher ungelöste Problem und die nun gefundene Lösung, was bei Erfindungen, die mit "Ohrschmuck-Fee - zum übersichtlichen Aufbewahren von Ohrschmuck" betitelt werden, allerdings hinfällig ist. Vielmehr Erklärung bedarf es eigentlich nicht mehr, die "Problemlagen" lesen sich daher bei der einen oder anderen Erfindung recht skurril.
"Wir arbeiten selbst mit den Werkzeugen und haben bisher für so gut wie jede von uns eingestellte Erfindung binnen 3 - 4 Monaten Interessenten gefunden", zeigten sich Muthenthaler und Jordan von ihrer Website überzeugt.
Konkretes Interesse aus der Werbeartikelbranche gibt es beispielsweise an einer (österreichischen) Erfindung: Ein Gerät zum Entleeren von Eiern, das auf eine "hygienische Entleerung von Eiklar und Eidotter" abzielt. Das bis auf zwei kleine Einstiche unbeschädigte Ei kann dann für die Osterdeko-Produktion verwendet werden, wird den Usern nahegelegt.
"Die Vermittlungsquote hängt stark von der Qualität der Erfindung ab", so Jordan.
Eine "Befestigungsvorrichtung für die Halterung eines Tonabnehmers" befindet sich bereits in Produktion, die neuen Mikrofonhalterungen für Schlagzeuge werden in ein paar Wochen fertig gestellt sein.
"Gerade in Zeiten einer Krise versuchen viele Erfinder brach liegende Patente zu Geld zu machen. Auf der anderen Seite benötigen Unternehmen gute Ideen, um sich zu behaupten. Technologietransfer war bisher immer eine bilaterale Angelegenheit ohne einen festen Marktplatz", was die beiden Erfinderberater einfach nicht mehr zeitgemäß finden.