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HIStory: Die deutsch-französischen Beziehungen

Archivmeldung vom 16.02.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.02.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Screenshot Video: "HIStory: Die deutsch-französischen Beziehungen" (https://tube.kenfm.de/videos/watch/9512c5d8-3f5c-4bcc-9c78-7da793f259a0) / Eigenes Werk
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Der Buchautor und Publizist Hermann Ploppa erläutert in HIStory kurz und sachlich historische Daten und Jahrestage von herausragenden geschichtlichen Ereignissen. Dabei werden in diesem Format Begebenheiten der Gegenwart, die mit einem Blick in die Vergangenheit in ihrer Bedeutung besser einzuordnen sind, künftig alle 14 Tage montags in einen geschichtlichen Kontext gebracht. Das Thema heute: Die deutsch-französischen Beziehungen – eine missglückte Liebesgeschichte.

Wir hatten es schon gehört: immer wieder erkannten kluge Staatenlenker in Europa, dass zwei benachbarte Staaten sich freundschaftlich die Hand reichen und ihre Kräfte zusammenbringen. Da erreicht man viel mehr, als wenn man gegeneinander Krieg führt. In einer früheren His Story-Sendung waren es der Sowjetführer Chruschtschow und der deutsche Kanzler Ludwig Erhard, die eine enge Zusammenarbeit verabredeten, ungeachtet aller weltanschaulichen Unterschiede. Das wurde dann von außen her leider vereitelt.

Unsere heutigen Hauptdarsteller sind zum einen der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und zum anderen der französische Staatschef General Charles de Gaulle.

Rückblende:

Im September 1939 überfiel Hitler Polen. Daraufhin erklärten Großbritannien und Frankreich den Nazis den Krieg. Es passierte aber erst mal: gar nichts! Doch dann stürmten im Frühsommer 1940 die deutschen Streitkräfte Frankreich

Der französische General Petain unterschrieb die Kapitulationsurkunde genau in jenem Eisenbahnwaggon, in dem 22 Jahre zuvor deutsche Politiker die Kapitulationsurkunde unterschreiben mussten. Danach sprengten Hitlers Pyrotechniker den Salonwagen in die Luft.

Es gab nun kein freies Frankreich mehr. In dieser Situation trat unser Protagonist Charles de Gaulle in London an das Mikrophon der BBC und verkündete: Ich bin das freie Frankreich. Wer Arsch in der Hose hat, schließt sich mir an! Mutig, mutig, der Mann!

Denn die gesamte Führung der französischen Streitkräfte hatte vor Hitlers Schergen kapituliert und sich in der Rolle eines untergeordneten Erfüllungsgehilfen des deutschen Diktators recht bequem eingerichtet. General Petain war der Führer eines eingedampften Frankreichs von Hitlers Gnaden, im südfranzösischen Örtchen Vichy. Und Petain verhängte auch gleich ein Todesurteil in Abwesenheit gegen de Gaulle.

Petain war zuvor der väterliche Mentor des aufstrebenden Offiziers de Gaulle gewesen. Der hatte nach dem Ersten Weltkrieg den raschen Aufbau eigener französischer Panzerverbände gefordert. Aber die Generäle dachten, mit der Maginot-Linie, einem riesigen Schutzwall gegen Deutschland, habe man genug getan. Und so waren die französischen Streitkräfte von Hitlers Panzerverbänden im Sauseschritt überrollt worden. De Gaulle hatte leider Recht behalten.

Immerhin. De Gaulle konnte auf etwa 100.000 französische Soldaten zurückgreifen, die sich im englischen Exil befanden. Sie konnten sich dank Hitlers rätselhaftem Haltebefehl von Dünkirchen auf die britische Insel retten. Allerdings bekam de Gaulle wenig Unterstützung vom US-Präsidenten Franklin Delano Roosevelt. Der setzte eher auf die Nazi-Kollaborateure in Vichy. Und der englische Premier Winston Churchill verlor ebenfalls immer mehr das Interesse am eigenwilligen de Gaulle. Doch es gelang de Gaulle, Frankreich von den afrikanischen Kolonien aus aufzurollen. Als Churchill die Funk-Kontakte der de Gaulle-Regierung in London kappen ließ, konnte die französische Exilregierung von Algerien aus weiter arbeiten.

In die Planungen für die Invasion alliierter Truppen an der französischen Atlantik-Küste wurde de Gaulle ebenfalls nicht einbezogen. Bald begriff der Franzose auch, warum: Roosevelt und Churchill beabsichtigten, das befreite Frankreich in ein angloamerikanisches Protektorat umzuwandeln. Ganz ähnlich wie es später dann Westdeutschland widerfuhr.

In den USA wurden bereits den Angloamerikanern ergebene französische Verwaltungsfachleute ausgebildet. Auch neue Geldscheine und Münzen waren gedruckt und geprägt worden, die bei der Invasion in der Normandie ausgeteilt wurden. Doch de Gaulle setzte sich an die Spitze des Demonstrationszuges, der am 25. August 1944 in Paris triumphal einmarschierte und die Nazis verjagte. Nur de Gaulles energisches Einschreiten konnte verhindern, dass Frankreich ein unterworfenes Protektorat der USA und Englands wurde

Logischerweise hatte de Gaulles Wort bei der Gestaltung des nun wirklich befreiten Frankreichs ein großes Gewicht. Er setzte durch, dass in Frankreich jetzt auch endlich Frauen an den Wahlen teilnehmen durften. Aber nach einigen Meinungsverschiedenheiten mit der neuen politischen Klasse in Frankreich zog sich de Gaulle verbittert auf seinen bescheidenen Landsitz nördlich von Paris zurück. Doch seine große Zeit kommt noch.

Als nämlich 1956 die Streitkräfte Frankreichs, Großbritanniens und Israels Ägypten angreifen, um die Verstaatlichung des Suez-Kanals zu verhindern, werden sie von einer seltenen Koalition aus USA und der Sowjetunion energisch zurückgepfiffen. Eine große Blamage nicht nur für das British Empire, sondern auch für die Grande Nation. Zudem bricht in der französischen Kolonie Algerien ein Unabhängigkeitskrieg der dort ansässigen Berber gegen Frankreich aus. Die Verluste auf beiden Seiten sind gigantisch. In dieser Patt-Situation kapitulieren die Politiker in Paris und bitten nun den legendären Weltkriegsgeneral de Gaulle, die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen.

Extra für den General wird mit der Fünften Republik eine neue Verfassung aus der Taufe gehoben. De Gaulle als neuer französischer Präsident verfügt jetzt über eine Machtvollkommenheit wie sonst nur der Präsident der USA. Und tatsächlich bekommt de Gaulle den Algerienkrieg in den Griff: 1962 wird der nordafrikanische Staat in die Unabhängigkeit entlassen. Das konnte nur de Gaulle schultern. Der Preis war hoch. Denn de Gaulle entkam in unzähligen Attentatsversuchen nur knapp dem Tod.

Der General ging auch gleich 1958 an sein Lieblingsprojekt – nämlich Frankreich wieder zur Weltmacht zu erheben. Er war klug genug zu wissen, dass Frankreich alleine nicht mehr die Potentiale besaß, mit den USA oder der Sowjetunion zu konkurrieren. Also lud er in aller Stille den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer auf seinen Landsitz ein. Adenauer soll zunächst nicht sehr viel von seinem französischen Gegenüber gehalten haben. Aber andererseits war Adenauer in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ein energischer Befürworter einer Abtrennung Westdeutschlands von Preußen unter französischem Protektorat. Schnell werden die beiden alten Herren handelseinig. De Gaulle zu Adenauer: „Wir müssen Europa … von den Vereinigten Staaten unabhängig machen.“

Sofort beginnen auf beiden Seiten des Rheins fieberhafte Vorbereitungen für nichts weniger als ein Bündnis Deutschlands und Frankreichs auf militärischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene. Geplant ist eine Fusion der beiden ehemals verfeindeten Nationen zu einem einzigen politischen Organismus. Eine Keimzelle europäischer Gegenmacht zu den USA. Eine deutsch-französische Konföderation mit gemeinsamer Staatsangehörigkeit, gemeinsam geführten Ministerien des Äußeren, der Finanzen und der Verteidigung. Gemeinsam sollen die beiden Länder auch die Force de Frappe betreiben, eine „andere NATO“. Wie ernst das Vorhaben gemeint war, belegt das nachfolgende Treffen in Bad Kreuznach im November 1958, wo de Gaulle und Adenauer bereits ihre wichtigsten Fachminister mitbringen. Und was bis jetzt eher heimlich vorangetrieben wurde, vollzieht sich während Adenauers Staatsbesuch bei de Gaulle auf Schloss Rambouillet im. Juli 1960 ganz öffentlich und mit zeremoniellem Pomp.

Den Engländern klingeln wahrlich die Ohren. Denn Adenauer soll in privater Runde mal klar und deutlich gesagt haben Zitat einblenden/einschreiben: „Diese Briten sollten lernen, daß sie den Kontinent nicht länger führen können. Deutschland und Frankreich sind die Führer des Kontinents.“

De Gaulle tourt 1962 durch Deutschland. Vor Massen von begeisterten Zuhörern streichelt de Gaulle die niedergedrückte Psyche der Deutschen, indem er ihre kulturellen Errungenschaften preist.

Doch die andere Seite schläft nicht. Um die deutsch-französische Annäherung zu torpedieren, spinnen Geheimdienste ihre Intrigen. Ziel der Attacken ist der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß. Man vermutete, dass Strauß nach Adenauer der zweitwichtigste Befürworter einer Zusammenarbeit mit Frankreich ist. Dem Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel spielten Agenten des Bundesnachrichtendienstes eine nur für den Hausgebrauch bestimmte Analyse missglückter NATO-Manöver zu. Der Spiegel brachte die peinlichen Indiskretionen mit dem Titel: „Bedingt abwehrbereit“ ganz groß heraus. Strauß sah rot und ließ den Herausgeber Rudolf Augstein und dessen Chefredakteur Konrad Ahlers in Handschellen hinter schwedische Gardinen bringen. Das war natürlich eindeutig illegal. Strauß musste zurücktreten.

Es entspann sich ein Agententhriller mit dem Bundesnachrichtendienst, der erklärtermaßen eine Filiale der CIA ist, auf der einen Seite; und der Bundesanwaltschaft zusammen mit dem Militärischen Abschirmdienst auf der anderen Seite. Am 12. November 1962 wird sogar der greise Adenauer selber zum Akteur in diesem Agentenkrimi. Er lässt die BND-Führer Gehlen, Worgitzky, und Winterstein im Kanzleramt in getrennten Zimmern einsperren.

Dann holt er den Justizminister: „Herr Stammberger, Sie müssen Gehlen verhaften!“ Der Angesprochene erklärt allerdings, er könne die drei Herren nicht verhaften. Sodann eilt Bundesanwalt Kuhn an den Tatort und verhört die BND-Leute. Es folgte in der Zentrale des BND in Pullach eine handfeste Razzia der Bundesanwaltschaft und durch Beamte der Sicherungsgruppe Bonn.

Die Autoren des Bestsellers „Pullach Intern“, Zolling und Höhne sehen rückblickend im Jahre 1970 die Ereignisse durch die Brille von Gehlen, wenn sie schreiben: „Gehlens Verfolger wurden nicht müde, dem alten Herrn im Palais Schaumburg [damals Sitz des Bundeskanzleramtes in Bonn] das Schreckensbild des Landesverräters Gehlen auszumalen. Ihre Verschwörer-These wurde immer uferloser, immer gespenstischer: Bald sahen sie ein weltweites Komplott von der CIA in Washington über Gehlen in Pullach bis zu Augstein in Hamburg, entschlossen, Adenauer und Strauß zu stürzen“.

Vielleicht lagen ja „Gehlens Verfolger“ gar nicht so daneben?

Aber auch der proamerikanische Honoratiorenverein Atlantikbrücke veranlasste Bundestagsabgeordnete aller Parteien, die Regierung zur Aufnahme einer Präambel in den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag zu nötigen. Diese Präambel betont die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit der Vertragspartner mit den USA und eine Aufnahme Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.

Also genau das, was de Gaulle mit allen Mitteln verhindern wollte. Damit ist der Vertrag um seinen eigentlichen Sinn betrogen. Als schließlich auch noch Adenauer in den Ruhestand verabschiedet wird, ist es mit der deutsch-französischen Allianz vorbei. Amtsnachfolger Erhard zeigt de Gaulle die kalte Schulter. Eine historische Chance ist vertan.

De Gaulle sucht nach diesem Reinfall engeren Kontakt mit der Sowjetunion. 1966 warf de Gaulle die NATO aus Frankreich heraus. Das war ein harter Schlag für die westliche Militärallianz. Das kann man nicht anders sagen. Denn in Frankreich waren die größten Militärkontingente der NATO versammelt. Schließlich versuchte de Gaulle, sich an die Spitze der Blockfreien Staaten zu setzen. Das ist ein Zusammenschluss von Staaten, die sich weder dem Westen noch dem kommunistischen Ostblock anschließen wollten. Doch keine dieser Optionen war auch nur im entferntestem vergleichbar mit jener Liaison de Gaulles mit Adenauer.

1968 schließlich erhielt de Gaulle die Quittung für seine Auflehnung gegen die angloamerikanische Hegemonie. Während er gerade in Rumänien mit dem dortigen Staatschef Ceausescu konferierte, ging in Paris die große Revolte los. Studenten und Arbeiter rebellierten gegen lausige Studienbedingungen und niedrige Löhne. Wegen de Gaulles Streitkraft Force de Frappe mussten die Franzosen nämlich viel höhere Steuerlasten berappen als die Deutschen. Der Lebensstandard hinkte dem der Deutschen weit hinterher. Die Bevölkerung wollte das nicht mehr länger hinnehmen.

De Gaulle konnte die Menschen draußen im Lande nicht mehr auf seine Seite ziehen. Seine Zeit war abgelaufen. De Gaulle nahm seinen Abschied aus der Politik und zog sich auf seinen Landsitz zurück. Dort ist er 1970, vermutlich tief enttäuscht, verstorben.

Auch der spätere französische Präsident Giscard d’Estaing verstand sich hervorragend mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Allerdings war diese deutsch-französische Annäherung eine Annäherung zweier überzeugter Transatlantiker. Das heißt: sie unterwarfen sich bedingungslos der angloamerikanischen Hegemonie.

Etwas mehr Unabhängigkeit strebten in den frühen Zweitausender-Jahren der französische Präsident Jaques Chirac, ein Gaullist, und der deutsche Kanzler Gerhard Schröder an. Fast schon zeichnete sich eine Achse Paris-Berlin-Moskau ab, da Schröder bekanntlich freundschaftliche Bande zu Präsident Putin pflegte.

Aber das blieb Episode. Heute sehen wir einen Amok laufenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron und eine ebenfalls gegen die eigene Gesellschaft Amok laufende Kanzlerin Angela Merkel mal in enger Verbundenheit, dann wieder in wildester Zwietracht Porzellan zerschlagen. Jetzt sind gerade mal wieder die Franzosen schuld.

Denn der französische Pharmakonzern Sanofi hat auf der ganzen Linie bei der fristgerechten Anlieferung von Corona-Impfstoffen versagt.

Wir können nur hoffen, dass sich der Rauch dieser Scharmützel bald verzieht. Damit wir wieder in Ruhe und Vernunft eine Neuauflage der deutsch-französischen Freundschaft starten können. Bienvenue! Wir lernen aus der Vergangenheit, wie wir die Zukunft besser machen.

Literaturquellen: Hier.

Quelle: KenFM

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