Unionsfraktionsvize Fuchs: Windkraftlobby setzt wirtschaftliche Interessen brutal durch
Archivmeldung vom 01.08.2016
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Windkraft-Lobby hat sich beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nach Recherchen für das ARD-Feature "Exclusiv im Ersten: Der Kampf um die Windräder" (1. August, 21:45 Uhr, Das Erste) in mehreren Punkten im Gesetzgebungsverfahren durchsetzen können und einen stärkeren Ausbau von Windkraft an Land erreicht, als ursprünglich von der Bundesregierung geplant.
Das berichten die Autoren des Features unter Berufung auf vertrauliche Papiere aus dem Gesetzgebungsverfahren. Dabei handelt es sich um Beschlussvorschläge des Bundes sowie Vorlagen zu Sitzungen der Chefs der Staats- und Senatskanzleien. Sie legen nahe, dass vor allem die Bundesländer der Windlobby geholfen haben, wirtschaftliche Interessen durchzusetzen.
Im Einzelnen geht aus den Unterlagen hervor, dass die Ausschreibungsmenge für den Ausbau von Windkraft an Land noch im Mai auf 2.500 Megawatt brutto festgelegt werden sollte. In dem vom Bundestag am 8. Juli 2016 beschlossenen Gesetz wurden die Ausschreibungsmengen für den Zeitraum von 2017 bis 2019 auf 2.800 Megawatt brutto angehoben, danach sollen sie auf 2.900 Megawatt brutto steigen.
Für Wind an Land war im Mai noch eine einmalige Absenkung der Vergütung von 7,5 Prozent geplant. Diese so genannte Einmaldegression wurde schließlich auf 5 Prozent gesenkt. Der Stichtag für diese Absenkung wurde zudem dreimal nach hinten verschoben: vom 1. Januar 2017 auf den 1. April 2017 und dann erneut auf den 1. Juni 2017. Schließlich wurde die Kürzung so gestückelt, dass die volle Degression erst zum 1. August 2017 greifen wird.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, bestätigt das massive Vorgehen der Windkraftlobby im Interview: "Die Lobby hat mit Sicherheit bewirkt, dass die Windkraft stärker ausgebaut wird, als wir Parlamentarier es ursprünglich vorhatten. Man kann das so sagen, dass der Gesetzentwurf abgeschwächt wurde."
Ähnlich äußerte sich der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer: "Es ist wie immer beim EEG: Es ist besser als der Status Quo und geht in die richtige Richtung, aber es wäre noch mehr möglich und nötig gewesen. Mit dem, was jetzt erreicht wurde, bin ich deshalb nicht vollständig zufrieden.
Die Energiewende wird durch die massive Einflussnahme der Windkraft-Lobby für die Stromverbraucher unnötig teuer." Fuchs und Pfeiffer wiesen darauf hin, dass die Windkraftlobby insbesondere über die Länder Veränderungen am EEG bewirkt habe, weil diese vor allem ihre Standortinteressen im Blick gehabt hätten.
Mehrere Bundestagsabgeordnete bestätigten im Interview mit "Report Mainz", es habe während des Gesetzgebungsverfahrens massiven Druck der Windkraft-Lobby auf die Parlamentarier gegeben. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held, der Mitglied im Energie- und Wirtschaftsausschuss ist, sagte: "Der Druck wird von der Lobby gerade im Bereich Windkraft sehr massiv durchgeführt.
Zum Teil eben auch auf Vorsitzende der SPD aus meinem Wahlkreis, die dann kontaktiert werden, nach dem Motto: 'Macht mal eurem Abgeordneten Druck! Der ist vielleicht nicht ausreichend für die Windkraft'. Und das ist in der Massivität doch einmalig."
Der CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs erklärte: "Ich habe es nie bei einer anderen Lobby so erlebt, dass so brutal vorgegangen wurde, dass so massiv auf die Abgeordneten eingeredet wurde, um persönliche Interessen umzusetzen. Hier geht es um massive wirtschaftliche Interessen. Ganz massive wirtschaftliche Interessen."
Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, sagte: "Es wird über die Bundesländer, über Abgeordnetenkollegen und über Kommunalpolitiker Druck ausgeübt. Die Lobby der erneuerbaren Energien, und hier insbesondere der Windkraft, geht seit jeher sehr aggressiv vor."
Das ARD-Feature zeigt, wie Erneuerbare-Energien-Verbände wie der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) oder der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) in einer Kampagne gegen die EEG-Reform Druck gemacht haben. Unter anderem haben sie mit aufwändig organisierten Demonstrationen in den Bundesländern und in Berlin, einer groß angelegten Mailingkampagne sowie in zahlreichen persönlichen Gesprächen mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten monatelang intensiv auf Änderungen am EEG-Entwurf hingewirkt.
Zum Thema haben die "Report Mainz"-Autoren Claudia Butter und Achim Reinhardt das 30-minütige Feature "Exclusiv im Ersten: Der Kampf um die Windräder. Die Auswüchse der Boombranche" produziert, das am 1. August 2016 um 21.45 Uhr im Ersten ausgestrahlt wird.
Quelle: SWR - Das Erste (ots)