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Kurz: Keine Asylprüfung in Anlandungszentren in Nordafrika

Archivmeldung vom 29.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: CAFOD Photo Library, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: CAFOD Photo Library, on Flickr CC BY-SA 2.0

Der österreichische Bundeskanzler Kurz hat sich dagegen ausgesprochen, dass Flüchtlinge in den von der EU geplanten Anlandungszentren in Afrika Asyl beantragen können. "Aus meiner Sicht ist es kein sonderlich ehrlicher Weg, wenn wir als Europäer so tun, als könnte jeder in Zukunft auch in Drittstaaten einen Antrag für Asyl stellen", sagte Kurz im Interview mit dem ARD-Europamagazin (WDR). Österreich übernimmt am Sonntag für sechs Monate die Ratspräsidentschaft der EU.

Bei ihrem Gipfel in Brüssel hatte die EU sich dafür ausgesprochen, wenn möglich sogenannte Anlandungszentren in Nordafrika zu schaffen. Dorthin sollen aus Seenot gerettete Flüchtlinge gebracht werden. In den Zentren soll die individuelle Situation der Flüchtlinge geprüft werden - darauf, wer schutzbedürftig ist und wer nicht.

Kurz ist sich bewusst, dass seine ablehnende Position in der EU nicht überall geteilt wird: "Im Moment geht die Reise in die Richtung, dass man sagt: Ja, jeder kann dann dort einen Asylantrag stellen. Ich weiß nicht, ob das der ehrlichste Weg ist. Aber wenn das der Kompromiss auf europäischer Ebene ist, dann ist das noch immer viel besser als das System, das wir heute haben."

Diese grundsätzliche Möglichkeit auf Asyl hält Kurz für falsch: Er argumentiert im ARD-Interview, dass derzeit 68 Millionen Menschen auf der Flucht seien. "Europa wird nicht all diese 68 Millionen Menschen aufnehmen können. Ich halte den Zugang für ehrlicher, dass wir sagen: Wir nehmen mit Resettlement-Programmen so viele auf wie wir können. Und wir wählen ganz besonders schutzbedürftige Menschen aus. Das ist ehrlicher, als wenn wir jetzt den Eindruck erwecken, dass man in Afrika in Zukunft an Botschaften oder in Anlandezentren oder wo auch immer Anträge stellen kann. Und dann kann jeder nach Europa kommen." Eine Zahl, wie viele Flüchtlinge Europa jährlich aufnehmen kann, wollte Kurz nicht nennen.

Auch gesunkene Flüchtlingszahlen sind noch zu hoch

Kritik, dass die angespannte politische Lage in keinem Verhältnis zu den um über 90 Prozent niedrigeren Flüchtlingszahlen verglichen mit 2015 steht, wies Kurz zurück: "Natürlich war 2015 ein Katastrophenjahr. Wenn man alles mit 2015 vergleicht, dann werden die Zahlen hoffentlich immer niedrig sein. Aber sie können trotzdem noch zu hoch sein. (...) In Österreich kommen jetzt jede Woche noch immer ein paar hundert Menschen an. Das ist eine ganze Schule jede Woche - in einem kleinen Land von acht Millionen Einwohnern. Da kann man nicht davon sprechen, dass die Zahlen niedrig sind."

Warnung vor Kettenreaktion durch deutsche Grenzschließung

Mit Blick auf den Streit in Deutschland um die geplante Rückweisung von bereits in anderen Ländern registrierten Flüchtlingen reagierte Kurz mit den Worten: "Dies wäre ein großes Ereignis, weil so etwas natürlich eine Kettenreaktion auslöst". Er kündigte Gegenreaktionen von Österreich an, das dann wahrscheinlich seine Grenze zu Italien schließen würde: "Wir würden natürlich im Gleichklang mit Deutschland agieren, auch um unser Land zu schützen und um sicherzustellen dass es hier zu keinen Nachteilen für Österreich kommt. Und das würde natürlich eine Dynamik in ganz Europa auslösen." Beim EU-Gipfel in Brüssel hatte auch Ratspräsident Tusk vor "chaotischen Grenzschließungen gewarnt."

Das vollständige Interview von Markus Preiß, Leiter des ARD-Studios Brüssel, sehen Sie am Sonntag, 1.7.2018, um 12.45 Uhr im Europamagazin (Das Erste).

Quelle: ARD Das Erste (ots)

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