Zirka 1500 Asbesttote jährlich in Deutschland
Archivmeldung vom 05.04.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuch 20 Jahre nach dem Verbot von Asbest in Deutschland sterben jährlich noch immer zirka 1500 Menschen bei uns an den Spätfolgen ihrer Arbeit mit Asbest. Nach Schätzungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gibt es bundesweit rund 190 000 Asbesterkrankte. Die Tendenz ist sogar steigend. Das berichtet die ZDF-Umweltdokumentationsreihe "planet e." am Sonntag, 7. April, 13.30 Uhr, in dem Film "Asbest - Fluch der Todesfasern" von Claus Schenk.
Trotz des Verbots wird Asbest vielfach nachgewiesen. Meist unerkannt steckt es zum Beispiel in alten Bodenbelägen, Fliesenklebern oder Fugenmassen. Öffentliche und private Gebäude sind gleichermaßen betroffen. Maschinen, Transformatoren oder bestimmte Materialien in Zügen können ebenfalls asbestverseucht sein. Auch Leitungen der öffentlichen und privaten Wasserversorgung können Asbest enthalten.
Von einer durchgreifenden Asbestsanierung kann nicht die Rede sein. Mediziner rechnen deshalb in den kommenden Jahren mit einer Zunahme der Erkrankungen, bedingt durch die lange Latenzzeit von rund 30 Jahren und durch neue Fälle. Asbestose, asbestbedingter Lungen- und Kehlkopfkrebs sowie der gefürchtete Rippenfelltumor (Mesotheliom) sind die Hauptfolgen der Arbeit mit Asbest. Doch nur ein Bruchteil aller Asbestopfer wird als Berufskranke anerkannt. Den jahrelangen Kampf durch die Instanzen deutscher Sozialgerichte überleben die Schwerkranken meist nicht. Der emeritierte Arbeitsmediziner Professor Hans Joachim Woitowitz erklärt gegenüber "planet e.": "Es geht darum beweisen zu müssen, was vor 30, 40 Jahren am Arbeitsplatz auf den Todkranken eingewirkt hat. Welche Menge, welche Art, welche Dauer. Das kann er oft nicht."
Inzwischen rollt eine zweite Gebäudesanierungswelle. Häufig wurde in der Vergangenheit nicht fachgerecht gearbeitet. Außerdem sind viele Bauten aus den 60er und 70er Jahren jetzt am Sanierungspunkt angekommen. Allein in Berlin gelten mindestens 53 000 Wohnungen kommunaler Baugesellschaften als asbestbelastet. Dazu kommt eine unbekannte Anzahl privater Haushalte. Sanierungsexperten gehen davon aus, dass jedes Gebäude vor Baujahr 1990 unter Asbestverdacht steht. Besonders heikel ist es, wenn Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser betroffen sind. Da kaum eine Kommune die milliardenschweren Sanierungen bezahlen kann, findet sich offiziell häufig die Verlautbarung, dass alles "sicher und ungefährlich" sei.
Das Europäische Parlament hat am 14. März 2013 in einer Resolution die EU-Kommission dringend aufgefordert, verbindliche Standards für eine sichere Asbestsanierung zu entwickeln, die gültig für alle Mitgliedsländer ist. Zudem drängt das Parlament die EU dafür zu sorgen, dass alle asbestbedingten Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Quelle: ZDF (ots)