Wie viel Ueberwachung vertraegt die Demokratie?
Archivmeldung vom 28.09.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.09.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Welt hat sich nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York verändert. Viel von dem, was wir als wichtigsten Wert unserer Demokratie schätzen, haben wir verloren: Freiheit. Es gibt ein allgemeines Gefühl von Unsicherheit, das durch immer neue Anschläge verstärkt wird. Und insofern sind wir Bürger eher bereit zu akzeptieren, dass in unsere Freiheitsrechte eingegriffen wird, dass mehr Daten über uns gesammelt werden, weil wir die Illusion damit verbinden, dass wir dadurch sicherer würden.
Die EU wird nun „biometrische Daten“ in die Pässe aufnehmen. Das
sind individuelle Merkmale von Gesicht, Iris und Fingerabdruck der
Passinhaber, die sich digitalisieren, abspeichern und kontrollieren
lassen, zum Beispiel mit der neuen Funkfrequenzidentifizierung
„RFID“: Sollten die Funkchips in Ausweispapiere eingearbeitet werden,
ließen sich so Bewegungsprofile erstellen. Allerdings reichen ein
wenig kriminelle Energie und das technische Wissen eines Schülers, um
die im Funkchip gespeicherten Daten zu manipulieren. Der Klau von
Identitäten unbescholtener Bürger und das Legen falscher Spuren wird
damit denkbar einfach. Das Verhängnisvolle dabei: Durch die
Einführung scheinbar objektiver technischer Kontrollsysteme kehrt
sich sogar die Beweislast um. Der Einzelne muss seine Unschuld
beweisen.
Viele Kontrollinstrumente wie die Telekommunikationsüberwachung
und die Videoüberwachung von belebten öffentlichen Orten sind
hilfreich bei der Ermittlung der Täter, das haben die Anschläge von
London gezeigt. Im Vorfeld lassen sich hierdurch jedoch Attentate
kaum verhindern. Somit steht die Freiheit von Millionen Menschen
gegen die Chance, vielleicht Terroristen vor Ausübung ihrer Tat
festzunehmen.
Die 30-minütige Dokumentation von Katharina Finger beschreibt den
Stand der Sicherheits- und Überwachungstechnik. Befürworter und
Kritiker dieser Technik stellen die Frage: Wie viel von dem, was wir
schützen wollen, müssen wir aufgeben, um es letztlich schützen zu
können?
Montag, 3. Oktober 2005, 18.30 Uhr, 3sat
Erstaustrahlung
Quelle: Pressemitteilung 3sat