Ware Tier
Archivmeldung vom 18.10.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAutor Christian Rohde und sein Team haben sich auf die Reise gemacht, um die glücklichen Hühner aus der Werbung zu suchen. Jene Hühner, die froh ihre Eier legen und zufrieden als Brathähnchen enden. Was die Filmemacher in der Wirklichkeit der deutschen Lebensmittelproduktion vorfanden, ist ganz anders:
Teil 1: "Ware Tier - Auf der Suche nach dem glücklichen Huhn"
Donnerstag, 19.10.2006, ARD, 23:45–00:30 Uhr
Teil 2: "Ware Tier - Auf der Suche nach munteren Kühen und Schweinen"
Donnerstag, 26.10.2006, ARD, 23:45–00:30 Uhr
Teil 3: "Ware Tier - Auf der Suche nach dem frischen Fisch"
Freitag, 03.11.2006, ARD, 00:15–01:00 Uhr
Weitere Sendetermine auf NDR
Montag, den 6. November
23.45 Auf der Suche nach dem glücklichen Huhn O T
Film von Christian Rohde
Redaktion: Rainer Markgraf
Die Geflügelzucht ist ein gigantischer, technisch-industrieller Komplex fernab der Idylle vom fröhlich scharrenden Federvieh. Der Bedarf an tierischem Eiweiß ist riesig: Jährlich werden in den deutschen Küchen sieben Milliarden Eier verarbeitet, Millionen von Brathähnchen und Chicken-Wings zubereitet. So geht es in der Geflügelzucht in erster Linie um Produktionsprozesse und -zahlen. Vom Geschöpf Tier, dessen Leben und Wohlbefinden laut Tierschutzgesetz zu schützen ist, ist eher nur am Rande die Rede. Was sind da schon ein paar illegale Tiertransporte gegen den Alltag in der Fleischindustrie.
Der Film blickt hinter die gut geschützten Kulissen von Hühner- und Eiererzeugung und zeigt die völlig legale, klinisch einwandfreie Prozedur, die Ware Tier herzustellen. Der normale Verbraucher verschließt oft die Augen vor den Zuständen in Top-Betrieben, in denen ungeheure Mengen von Legehennen in Bodenhaltung gehalten werden, ohne Federn, nahezu nackt. Er hört vom „Coupieren“ der Schnäbel zur Vermeidung von Kanibalismus beim Geflügel‚ von gigantischen Brütautomaten, vom „Musen“ ungeeigneter Küken, von der Tötung im Elektrobad unter Schwarzlicht und sieht riesige Fleischverarbeitungsautomaten ... „Landidylle kann ich mir nicht leisten und Hühner sind glücklich, wenn sie Leistung bringen!“, sagen die Hähnchenmäster. Die Lage entsteht durch den Verbraucher. Er will alles so billig wie möglich einkaufen – das teure Öko-Ei zum Beispiel stößt bei ihm nicht auf Gegenliebe.
00.30 Auf der Suche nach munteren Kühen und Schweinen O T
Film von Christian Rohde
Redaktion: Rainer Markgraf
In Deutschland werden im Jahr 2,3 Millionen Tonnen Fleisch verzehrt und 29 Milliarden Liter Milch produziert. Doch woher kommen all die Schnitzel und Steaks in der Kühltheke des Supermarktes? Von lauter munteren Schweinen und bunten Kühen auf idyllischen Bauernhöfen?
Christian Rohde und sein Team haben eine Reise durch die Republik gemacht und für den deutschen Fleischfreund einen genaueren Blick auf die Erzeugung der Ware Tier geworfen. Wie sieht das Leben der Tiere aus, bevor sie vollautomatisch zu Hochrippe und Steak portioniert werden? Der Film zeigt den völlig legalen, klinisch einwandfreien Alltag einer Großindustrie: vom riesigen „Schweinekreißsaal“ bis zum „Hightech-Schlachthof“, wo die Tiere heutzutage in einen Paternoster gehen, bevor sie durch Gas oder Stromschlag sterben. 3.400 Stück pro Tag werden allein in einer Anlage geschlachtet.
Kühe sehen nie den blauen Himmel oder das grüne Gras, sie werden in mehrstöckigen „Karussells“ gemolken. Der Preis, den Kunden für den Liter Milch zahlen, wird immer niedriger. Die Kühe aber zahlen mit ihrem Leben. Die Anforderung einer hohen Milchleistung bringt für das Vieh Magenkrankheiten und Euterentzündungen mit sich. Die Bilder ziehen den Zuschauer hinein in die Welt der modernen Lebensmittelproduktion und zeigen Orte, die man sonst nie zu Gesicht bekommt, obwohl man täglich sein Essen von dort bezieht.
Eindrucksvoll zeigt der Autor schlicht die Realität – den Alltag der Ware Tier. Alles ist legal und doch fragt man sich, warum sich der Tierfreund lieber um das Schicksal entlaufener Hunde kümmert als um die Kälber in der elektrischen Tötungsmaschine.
1.15 Auf der Suche nach dem frischen Fisch O T
Film von Christian Rohde
Redaktion: Hans-Jürgen Börner
Autor Christian Rohde und sein Team begeben sich auf eine Reise von der Ostsee bis an die Ostküste der USA, um Antworten auf die Frage zu finden: woher kommt er, der „frische Fisch“ aus der Werbung?
Der Ostseefischer Dieter Pahlke wird auf seinem kleinen Kutter bei der Jagd auf den knappen Dorsch begleitet. Das große Geschäft mit dem Fisch läuft längst woanders, zum Beispiel in Frankfurt am Main. Dort wird „Flugfisch“ angelandet – jener Fisch, der irgendwo auf den sieben Meeren in die Netze geht und dann tiefgekühlt nach Frankfurt geflogen wird. Baracudas aus Senegal, Stör aus Australien, Seehecht aus Südafrika – und das alles tonnenweise. Hier wird mehr Fisch umgeschlagen als in allen deutschen Fischereihäfen zusammen.
Norwegen ist das Land der „blauen Revolution“, der Aquakultur. Im Fjord bei Stavanger konnte das Team filmen, was moderne Fischerei bedeutet. Abertausende von Lachse werden per Knopfdruck gefüttert und Rohre, die von Unterwasserkameras überwacht werden, „spucken“ in Schüben runde Pillen aus. Die seltenen Bilder von riesigen Fischzuchtanlagen im offenen Meer vor der Küste New Hampshires zeigen, wohin die Industrie sich entwickeln wird. Der Fisch wird zum Mastvieh aus dem Meer.
Der Zuschauer nimmt in diesem Film Anteil an der Jagd auf den Thunfisch – aber auch der wird bereits in Käfigen gemästet. Doch das Geschäft mit dem frischen Fisch wird auch in eisigen Blöcken abgewickelt. „Aktenkofferfisch“ heißt dieser in Fachkreisen. Jugendliche Verbraucher lieben ihn nach dem Zersägen und mit Panade versehen als Fischstäbchen. Der Film wirft einen Blick auf die Wirklichkeit der Ware Fisch. Im Unterdeck eines norwegischen Fabrikschiffs gibt die Filetierbandstraße den Takt vor. Natürlich gibt es noch den Luxus des von Hand geangelten Wolfsbarsches, der dem Gast im Gourmet-Restaurant serviert wird. Doch die Zukunft gehört der Fischfabrik und dem Mastfisch.
Quelle: Pressemitteilung NDR