Neue Doku-Reihe "die RECHERCHE" in der ARD Mediathek: Auftakt mit dem Dreiteiler "Inside Aldi"
Archivmeldung vom 04.09.2023
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićWas steckt hinter Werbeversprechen von Großkonzernen? Transparenz, Fairness und Nachhaltigkeit - klingt schön und verlockend, aber wie sieht die Wahrheit dahinter aus? Dieser Frage gehen NDR Reporterinnen und Reporter für das neue Format "die RECHERCHE" nach. Sie nehmen das Publikum in jeweils drei Folgen mit auf Spurensuche und zeigen authentisch ihre Erlebnisse während der Dreharbeiten. Heraus kommt investigativer Verbraucherjournalismus: zeitgemäß, spannend und höchst relevant auch für junge Zielgruppen.
Die Reihe "die RECHERCHE" ist eine Koproduktion von NDR und SWR. Zuerst steht der Discounter-Riese Aldi im Fokus. Wer dort einkauft, soll ein gutes Gewissen haben, so die Werbebotschaft. Doch wer zahlt tatsächlich für billiges Fleisch, Früchte und Blumen? "die RECHERCHE" zeigt: Billig-Rosen stammen aus Ostafrika, sind zum Teil mit Pestiziden belastet, die in der EU nicht mehr zugelassen sind, und der Lohn reicht für die Arbeiterinnen kaum zum Leben. Tierwohl-Label und Transparenz-Code auf der Verpackung entpuppen sich bei Fleischprodukten als Augenwischerei. Und spanische Erdbeeren landen durch ausbeuterische Produktions- und Arbeitsbedingungen in den Aldi-Regalen.
Dorina Rechter, Redaktionsleiterin von NDR Markt: "Recherchierter Verbraucherjournalismus ist heute wichtiger denn je. Mit dem neuen Format 'die RECHERCHE' blicken wir hinter die Kulissen eines Konzerns, prüfen Werbe- und Produktversprechen. Zum Beispiel Transparenz: Wo kommt die Ware tatsächlich her? Allein das herauszufinden, war zum Teil mehr als schwierig. Wie sollen Kundinnen und Kunden so etwas im Alltag schaffen? Mit 'die RECHERCHE' decken wir unbequeme Wahrheiten auf. Und geben Verbraucherinnen und Verbrauchern unabhängige Informationen und Orientierung für ihre Lebenswirklichkeit."
Susan Penack, NDR Markt Autorin: "Was ich bei meinen Recherchen in Ostafrika erfahren habe, hat mich wirklich schockiert. Die Hungerlöhne auf vielen Rosenfarmen reichen kaum zum Überleben. Als Verbraucherin kann ich anhand der Verpackung nicht erkennen, woher die 1,99 Euro Rosen von Aldi kommen. Ein erster Schritt wäre doch, das Ursprungsland, Kenia, Äthiopien oder Uganda, abzudrucken, um so ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wer tatsächlich den Preis für die billigen Rosen zahlt: die Arbeiterinnen und Arbeiter in Ostafrika. Konzerne wie Aldi wissen das und bieten die Rosen trotzdem weiterhin für 1,99 Euro an."
Der Dreiteiler "die RECHERCHE: Inside Aldi" erscheint am Montag, 4. September, ab 17 Uhr in der ARD Mediathek. An dem Tag ist er um 20.15 Uhr zudem zeitgleich im NDR Fernsehen und im SWR Fernsehen zu sehen.
Zu den einzelnen Folgen:
1) Das grausame Geschäft mit den Erdbeeren
Frische Erdbeeren, auch im Winter zum Schnäppchenpreis - der Anbau in Spanien macht es möglich. NDR Reporter Victor Kupka recherchiert in der andalusischen Provinz Huelva, wo auf riesigen Feldern jedes Jahr rund 350.000 Tonnen Erdbeeren geerntet werden. Schnell stößt er auf ein kompliziertes Geflecht aus Produzentengruppen und Bauern, die um das wenige Wasser in der Region streiten - und auch zu verbotenen Mitteln greifen.
Bis zu 100.000 Saisonarbeitskräfte leben in Huelva ohne Wasser, ohne Strom und unter miserablen hygienischen Bedingungen. Oft sind die Menschen illegal im Land, haben keine Papiere und keine Krankenversicherung. Wie gering die Standards beim Anbau der spanischen Aldi-Erdbeeren sind, zeigt auch eine Laboranalyse: Zwei von drei Stichproben waren mit Pestiziden belastet.
2) Das scheinheilige Fleisch-Versprechen
Ob Rind, Schwein, Hähnchen oder Pute: Nur noch Fleisch der höheren Haltungsformen 3 und 4 soll ab 2030 in den Aldi-Regalen liegen. Damit wirbt der Discounter öffentlichkeitswirksam. Doch die von Aldi versprochene "detaillierte Herkunftsinformation" endet abrupt beim Schlachtbetrieb. Auf welchem Hof ein Schwein gelebt hat, bevor es zum Schnitzel verarbeitet wurde, kann selbst Aldi nicht genau sagen, es nur auf einige Betriebe eingrenzen. Der beworbene Aldi-Transparenz-Code: Fehlanzeige.
Auch die vielfach gelobte Kampagne des Haltungswechsels bei Aldi entpuppt sich durch die Recherchen von NDR Reporter David Hohndorf als Marketingmasche: Er trifft auf Landwirte, die eigentlich gerne die Lebensbedingungen ihrer Tiere verbessern wollen. Auf Unterstützung von Aldi hin zu höheren Haltungsstufen, auch in Form von Abnahmezusagen der Schlachthöfe, warten sie aber bislang vergeblich.
3) Die giftige Wahrheit der Billig-Rosen
Ein Bund frischer Rosen kostet 1,99 Euro bei Aldi Nord; 2,99 Euro kostet die Fair-Trade-Variante von Aldi Süd. Beide kommen aus Ostafrika. NDR Reporterin Susan Penack fliegt nach Kenia und recherchiert am Naivasha-See - einem der größten Rosenanbaugebiete der Welt. Von dort reist sie weiter nach Äthiopien.
Vor Ort bestätigt sich eine düstere Realität: Selbst die Fairtrade-Rosen stammen von Farmen, deren Mitarbeitende trotz hohem und körperlich anstrengendem Arbeitspensum kaum von ihrem Lohn leben können. Auch die Gesundheitsstandards werden offenbar missachtet: Mitarbeiterinnen eines der weltweit größten Rosenproduzenten schildern, dass Pestizide regelmäßig direkt über ihren Köpfen versprüht werden. Ein Labor weist auf einer Stichprobe der Aldi-Rosen Rückstände von Famoxadon nach. Die in Europa verbotene Chemikalie schädigt innere Organe und verunreinigt das Grundwasser.
Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)