Dokumentation "Sprechende Schweine - KI entschlüsselt Tiersprache"
Archivmeldung vom 04.09.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićWie bewerten Schweine selbst die Haltungsform, in der sie leben? Sind sie zufrieden, unzufrieden oder gestresst? Für die internationale NDR Koproduktion "Sprechende Schweine - KI entschlüsselt Tiersprache" hat ein weltweites Wissenschaftsteam mithilfe bahnbrechender Forschung Schweinelaute bei Betrieben in Deutschland und Dänemark ausgewertet und übersetzt. Dass die Tiere, könnten sie selbst bestimmen, die Freilandmast wählen würden, scheint wenig überraschend -im Hinblick auf Biohaltung und konventionelle Mast fallen die Ergebnisse allerdings durchaus anders aus als vielleicht erwartet.
Mit Hilfe von KI entwickelte ein internationales Forscherteam 2022 eine Übersetzungssoftware für Schweinegrunzen. Die Schlagzeile "Wir können verstehen, was Schweine mitteilen wollen" ging um die Welt.
Für die Dokumentation "Sprechende Schweine - KI entschlüsselt Tiersprache" hat Filmemacher Miki Mistrati im Auftrag der Sender NDR, DR (Dänemark), SVT (Schweden), NRK (Norwegen) und RTS (Schweiz) in Zusammenarbeit mit dem Forscherteam der Universität Kopenhagen diese bahnbrechende Wissenschaft in die kommerzielle Schweinemast übertragen. Er sammelte Schweinelaute in unterschiedlichen Produktionsformen ein sowie bei einem Tiertransport zum Schlachthof und einem Wartebereich vor dem Transport. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bekamen die Tonaufnahmen, wussten aber nicht, von welchen Betrieben sie stammten. Mit Hilfe von KI-Spezialistinnen und -Spezialisten in Dänemark, Israel und Kenia gelang es dem Team der Universität Kopenhagen, den unter Laborbedingungen entstandenen Übersetzungsalgorithmus auf die neue, "echte" Situation anzupassen - so dass es jetzt Aussagen treffen kann, was Schweine in den unterschiedlichen Haltungsformen ausdrücken.
Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ für die gesamte Branche, bieten aber in diesem bislang weltweit größten Vokalisierungsprojekt für Schweine Anhaltspunkte für das Tierwohl in der Massenmast. Demnach hat die Freilandmast die niedrigsten Anteile von Stress- und Schmerzrufen und die höchsten Anteile von Rufen, die Glück und Freude ausdrucken. Doch beim derzeitigen Fleischkonsum in Deutschland und Dänemark ist diese Haltungsform eine Utopie: Würden alle Schweine in Deutschland und Dänemark im Freiland gehalten werden, müssten die Länder entvölkert werden - und selbst dann reichte die Landfläche nicht aus.
Überraschend für das Forscherteam war das Ergebnis der Biohaltung: Nur ein Betrieb mit einer sehr großen Freifläche für die Tiere brachte zufriedene Schweinelaute und wenig Schmerz- und Stressrufe hervor. Bei zwei von drei getesteten Biobetrieben hingegen herrschte für die Tiere ein Stresslevel wie in der konventionellen Mast - trotz mehr Platz und Zugang zu Freiflächen.
In der konventionellen Mast mit weniger Platz für die Tiere war der Schmerz- und Stresslevel wie bei den zwei Biobetrieben hoch. Aber auch hier gibt es einen Betrieb, dessen Ergebnis überraschte - mit überwiegend glücklichen Schweinen, trotz kleiner Fläche und keinem Zugang zu Außenflächen. Hier hat der Mäster ein besonderes Verhältnis zu seinen Tieren - zweimal am Tag werden die Schweine von ihm und seinem Team besucht und begutachtet. Allen am Versuch teilnehmenden Mästern war Anonymität zugesagt worden. Nur dieser eine Mäster aus Schleswig wollte sich vor der Kamera zeigen, die Ergebnisse kannte er da noch nicht. Eine App, die ihm die Schweinlaute übersetzt, würde er sich sehr wünschen, sie wäre ein wichtiges Tool für das Tierwohl.
Es wird noch eine Weile dauern, bis diese App auf den Markt kommt. Das Forscherteam arbeitet jetzt an der Publikation der Studie in einem anerkannten wissenschaftlichen Journal. In der Dokumentation "Sprechende Schweine - KI entschlüsselt Tiersprache" stellt die Forschungleiterin Dr. Elodie Mandel-Briefer von der Universität Kopenhagen die Ergebnisse exklusiv zum ersten Mal vor.
Die Dokumentation "Sprechende Schweine - KI entschlüsselt Tiersprache" kommt am Mittwoch, 4. September, in die ARD Mediathek. Am Dienstag, 10. September, ist sie um 0.05 Uhr im NDR Fernsehen zu sehen.
Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)