Depression, Schlaganfall, Selbstmordgedanken - Politiker sprechen offen über seelische Verletzungen
Archivmeldung vom 16.03.2012
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der NDR-Dokumentation "Schlachtfeld Politik - die finstere Seite der Macht" geben Politiker ungewöhnlich offen Auskunft über ihre Niederlagen. Sie sprechen über ihre Rücktritte - und über die Spuren, die der andauernde Kampf um Macht und Ansehen hinterlässt. Einige Politiker berichten von schweren körperlichen und seelischen Problemen. Unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit sagen alle Befragten: Die schwersten Verletzungen führen sich Parteifreunde untereinander zu.
Politiker inszenieren sich gerne als Macher, als durchsetzungsfähige Erfolgsmenschen. Über ihre Niederlagen reden sie dagegen nur sehr ungern. Für die vom Norddeutschen Rundfunk in Auftrag gegebene Dokumentation "Schlachtfeld Politik - die finstere Seite der Macht" von Autor Stephan Lamby haben mehrere Politiker eine Ausnahme gemacht und sprechen detailliert über Intrigen, Loyalitätsverletzungen und Rücktritte. So berichtet etwa die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen), dass sie im Jahre 2001 von ihren eigenen Parteifreunden zur Amtsaufgabe gezwungen wurde. Nach ihrem unfreiwilligen Ausstieg aus der Politik geriet Andrea Fischer in eine schwere persönliche Krise. "Ich habe eine schwere Depression gekriegt, die ich auch nur mit Medikamenten und Therapie im Laufe eines Jahres bekämpfen konnte", berichtet die ehemalige Ministerin. Die Langzeitfolgen ihrer traumatischen Erlebnisse in der Politik machten ihr zehn Jahre lang zu schaffen.
Dem Fraktionsvorsitzenden der FDP im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, haben in den Neunzigerjahren Intrigen von Parteifreunden so zugesetzt, dass er sogar an Selbstmord dachte. "Das war die Phase, in der ich mir überlegt habe: Eigentlich kannst du jetzt in die Ostsee gehen. Es hört nur auf, wenn du jetzt nicht mehr da bist", offenbart Wolfgang Kubicki in dem Film. Und auch Katina Schubert, ehemals stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE, konnte den psychischen Druck nach einer innerparteilichen Auseinandersetzung nicht mehr aushalten. Sie empfand in ihrer Partei offene Feindschaft. Wochen nach einem heftigen Streit mit der Parteispitze erlitt sie einen Schlaganfall. Inzwischen hat sie sich aus dem innersten Führungszirkel ihrer Partei zurückgezogen. In dem Film kommen auch der ehemalige CSU-Chef Erwin Huber sowie der ehemalige SPD-Vorsitzende Kurt Beck ausführlich zu Wort. Auch sie berichten über ihren Aufstieg in höchste Parteiämter - und die Hintergründe ihres schmerzhaften Sturzes.
Die 45-minütige Fassung der Dokumentation "Schlachtfeld Politik - die finstere Seite der Macht" läuft am Montag, 19. März, um 22.45 Uhr in der Reihe "Die Story im Ersten". Die Langfassung - 75 Minuten - ist am Mittwoch, 11. Juni, um 22.30 Uhr im NDR Fernsehen zu sehen. Die Redaktion hat Kuno Haberbusch.
Sendetermin: Montag, 19. März, 22.45 Uhr, Das Erste
Quelle: NDR / Das Erste (ots)