Frauen kennen sich in Fragen der Sexualität, Verhütung und Partnerschaft weniger gut aus, als sie meinen
Archivmeldung vom 01.12.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSeit gut sechzig Jahren ist Sexualaufklärung salonfähig. Kinder werden in der Schule aufgeklärt, Zeitschriften berichten über alle Aspekte unseres Liebeslebens, in TV-Talkshows werden intime Details offen diskutiert. Doch der Bedarf an wissenschaftlich fundierter Aufklärung ist im 21. Jahrhundert nach wie vor groß. Das zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Studie "Frauen, Sex und Liebe - die female affairs Wissensumfrage 2010".
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat im September im Auftrag der Expertinneninitiative "female affairs" 1.005 Frauen zwischen 16 und 49 Jahren zu den Themen "Verhütung", "Kommunikation", "Anatomie und Gynäkologie" sowie "Frauengesundheit" befragt. Die Antworten der Befragten wurden von den "female affairs"-Expertinnen nach objektiven Kriterien in einer Schulnotenskala von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet. Das Ergebnis ist erstaunlich: Bei Fragen in Sachen Verhütung und Körper erreichen die Frauen insgesamt nur die Note 4, in Sachen Kommunikation zwischen Mann und Frau sowie Frauengesundheit schneiden die Frauen mit der Note 3 ab. Die Frauen selbst benoten ihren Wissensstand im Durchschnitt mit einer 2 - sie schätzen ihr Wissen also um ein bis zwei Noten besser ein, als es tatsächlich ist.
"Die Ergebnisse der Wissensumfrage zeigen, wie wichtig Sexualaufklärung auch heute noch ist. Umso wichtiger sind wissenschaftlich fundierte Informationsangebote wie "female affairs", resümieren die Expertinnen von "female affairs". Die interdisziplinäre Initiative renommierter Wissenschaftlerinnen bietet seit 2006 unter der Adresse www.femaleaffairs.de eine Anlaufstelle für Fragen zu weiblicher Sexualität, Partnerschaft, Verhütung und Frauengesundheit. Mitglieder der Expertinnen-Initiative "female affairs" sind die Gynäkologinnen Prof. Dr. Dr. Elisabeth Merkle und Dr. Anneliese Schwenkhagen, die Sozialmedizinerin Prof. Dr. Anita Rieder und die Psychologin Dr. Eva Wlodarek.
Informationsbedarf in Verhütungsfragen weiterhin hoch
Gerade beim Thema Verhütung zeigt die Studie, wie wichtig kontinuierliche Information und Beratung sind: Nur 6 Prozent der Befragten haben insgesamt gute oder sehr gute Kenntnisse, wie sie eine Schwangerschaft verhindern können. Zwar sieht es bei den Möglichkeiten zur Verhütung noch relativ gut aus: Fast alle Frauen kennen Pille und Kondom. Moderne Methoden wie die Hormonspirale sind 78 Prozent bekannt, den Verhütungsring kennen 57 Prozent und das Verhütungspflaster 48 Prozent. Gravierende Wissenslücken haben die Frauen jedoch bei der Sicherheit der Verhütungsmittel: Die Pille sehen fast alle Frauen korrekterweise als sicher an. Allerdings glaubt auch jede Zweite, das Kondom sei ebenso sicher hinsichtlich der Verhütung einer Schwangerschaft wie die Drei-Monats-Spritze und die Hormonspirale. Die Sicherheit anderer moderner Verhütungsmittel wie Verhütungsring und -pflaster wird dagegen von den meisten Frauen unterschätzt.
Gefragt nach ihrer aktuellen Verhütungsmethode, ist die Pille mit 40 Prozent das am häufigsten eingesetzte Verhütungsmittel, gefolgt von Kondom (23 Prozent), Hormonspirale (5 Prozent) und Verhütungsring (3 Prozent). Bei der Zufriedenheit mit ihrer derzeitigen Verhütungsmethode zeigt sich ein klarer Zuspruch für Pille, Verhütungsring (jeweils Note 1,7) und Hormonspirale (Note 1,8). Kondome erreichen dagegen nur die Note 2,5.
Obwohl die Pille bei den Frauen das Verhütungsmittel Nummer eins ist, sind nur erstaunlich wenige Frauen (15 Prozent) gut oder sehr gut über deren positive und negative Effekte informiert. Die meisten Frauen (82 Prozent) wissen zum Beispiel, dass die Pille bei Regelschmerzen hilft, aber jede Vierte glaubt fälschlicherweise, dass nach dem Absetzen eine Schwangerschaft weniger wahrscheinlich ist.
Hier zeigt sich ein interessanter Unterschied im Wissensstand im Vergleich zu modernen Methoden wie dem Verhütungsring. Jede dritte Frau, die diese Methode kennt, ist gut oder sehr gut über die Wirkung informiert. So weiß die Hälfte derjenigen, die den Ring kennen, dass er sich vor allem für Frauen eignet, die nicht täglich an Verhütung denken wollen. Ebenfalls die Hälfte ist sich darüber bewusst, dass er im Gegensatz zur Pille auch bei Erbrechen und Durchfall wirkt. 41 Prozent ist die geringe Hormondosierung bekannt und 25 Prozent wissen um den vergleichsweise stabilen Monatszyklus durch den Ring.
Die wenigsten Frauen wissen über den eigenen Körper Bescheid
Bei Wissensfragen zu ihrem eigenen Körper haben die Frauen Defizite. Schwierigkeiten bereiten vor allem anatomische Fragen. Auch bei der Bedeutung der Hormone für die eigene Sexualität hapert es. Gut Bescheid hingegen wissen die Frauen über den Zeitpunkt des Eisprungs. Drei Viertel geben korrekterweise an, dass der Eisprung zur Zyklusmitte stattfindet. Fast alle wissen, dass der gynäkologische Abstrich der Krebsvorsorge dient.
Geringes Bewusstsein um unterschiedliche Sprachstile erschwert die Kommunikation zwischen Frau und Mann
Unterschiede im Sprachstil und im Kommunikationsverhalten von Männern und Frauen sind häufig die Ursache für Missverständnisse und Irritationen in der Partnerschaft. Die meisten Frauen wissen, dass es wichtig ist, sich klar zu sexuellen Themen zu äußern: 86 Prozent sagen Nein, wenn sie eine bestimmte Sexualpraxis nicht wollen, und 81 Prozent meinen, dass man offen über sexuelle Fantasien sprechen sollte. Sie vertreten selbstbewusst ihre Entscheidungen.
Bei anderen Themen haben die meisten Frauen dagegen immer noch Schwierigkeiten, sich vom typischen weiblichen Kommunikationsstil zu trennen. So sagen zwei Drittel der Frauen, dass sie einen konkreten Geburtstagswunsch nur andeuten würden, statt ihn präzise zu äußern. Ebenfalls zwei Drittel würden unangenehme Verhaltensweisen ihres Partners ändern wollen.
Frauen unterschätzen die Bedeutung von Bewegung für die Gesundheit
Von allen vier abgefragten Themen haben Frauen im Bereich Frauengesundheit den höchsten Wissensstand. Besonders gut kennen sie sich bei Übergewicht, Ernährung, Stress und Gesundheitsvorsorge aus. Wissenslücken zeigen sich beim Thema Rauchen, hier erzielt nur ein Drittel der Frauen ein gutes Ergebnis. Zwar wissen 77 Prozent der Frauen, dass die Kombination Rauchen und hormonelle Verhütung ein Risiko für ihre Gesundheit darstellt, aber nur jeder Zweiten ist klar, dass Rauchen auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit hat.
Insgesamt zeigt "Frauen, Sex und Liebe - die female affairs Wissensumfrage 2010" deutlich: Auch im 21. Jahrhundert ist der Bedarf an wissenschaftlich fundierter Aufklärung in Sachen Sexualität und Verhütung nach wie vor hoch.
Quelle: female affairs