Archäologie aus der Luft
Archivmeldung vom 26.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZahlreiche neue Bodendenkmäler aus vorgeschichtlicher Zeit entdeckte nun ein archäologisches Forschungsteam in Ostgeorgien unter Leitung von Dr. Baoquan Song von der Ruhr-Universität Bochum (Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte). Dabei ging es vor allem darum, kulturelle Verbindungen zwischen Europa und Asien nachzuweisen.
Das Besondere: Aus der Luft erkundeten sie die Regionen im Süden Kaukasus'. Luftbildarchäologie hat sich bereits seit längerem als effektiv erwiesen und gehört zu den besonderen Lehr- und Forschungsschwerpunkten am Institut für Ur- und Frühgeschichte der RUB.
Vorform einer Stadt entdeckt?
Ziel der Expedition war es, die parallel
laufenden Grabungen des Deutsch-Archäologischen Instituts (Berlin, DAI) in
Kachetien mit geomagnetischen und luftbildarchäologischen Methoden zu
unterstützen. Die prähistorische Sielungsgeschichte in diesem geographischen
Raum lässt sich auf diese Weise besser erforschen. Kachetien ist die östlichste
Provinz im heutigen Georgien (Westen Asiens) und galt früher als Durchgangszone
zwischen Europa und Asien. Die Regionen zwischen dem Großen Kaukasusgebirge im
Norden und dem Kleinen Kaukasus im Süden sind für die Archäologen besonders
interessant: Dort siedelten sich früher viele verschiedene Stämme an, so dass
die Wissenschaftler dort kulturelle Verbindungen zwischen Europa und Asien
vermuten. Seit fünf Jahren schon wird ein großer Siedlungshügel namens
Tachtiperda aus der Zeit zwischen dem 15. und siebten Jahrhundert vor Christus
archäologisch untersucht. Die Forscher glauben, dass es sich dabei um eine
Vorform einer Stadt gehandelt hat.
Neue Bodendenkmäler: Höhensiedlungen
und Hügelgräber
Die RUB-Expedition hat diese Theorie aus der Luft (die
sog. Flugprospektion) überprüft. Untersucht wurden sieben Hektar Gelände mit
umfangreichen Siedlungsstrukturen. Die Wissenschaftler beflogen rund 500 km² und
entdeckten neue Fundstellen aus der Luft, die sie untersuchten und
dokumentierten. Dabei fanden sie neue Bodendenkmäler, wie Höhensiedlungen und
Hügelgräber. Diese erkennt man auf Luftbildfotografien durch Schatten- und
Bodenmerkmale, sofern sie noch oberirdisch erhalten sind. In landwirtschaftlich
intensiver genutzten Regionen dagegen sind solche Fundstellen von der
Erdoberfläche bereits verschwunden; dann helfen Bewuchsmerkmale, sie zu
erfassen. Denn dort, wo Steinstrukturen unter der Erde sind, wachsen Pflanzen
schlechter als auf unberührtem Boden. Umgekehrt gedeiht die Vegetation besonders
gut über Gräbern und Gruben und zeichnet damit die unterirdische Struktur an der
Erdoberflächliche nach.
Die Technik: Fluxgate Gradiometer
Eine
weitere Methode der archäologischen Prospektion ist die geomagnetische Messung
mit einem Fluxgate Gradiometer. Nachdem die Fachleute die neuen Fundstellen aus
der Luft entdeckt haben, messen sie mit diesem Gerät systematisch das
unsichtbare magnetische Feld an der Erdoberfläche. Gesucht werden lokale
magnetische Störungen, wie Erdbewegung, Verbrennungen und andere künstliche
Eingriffe im Erdreich. Die Messdaten stellen die Archäologen mithilfe der
Digitaltechnik wie bei einer Röntgenaufnahme dar, so dass Hausfundamente, Wege,
Öfen und Gräber unter der Oberfläche als Graustufen auf dem Monitor zu erkennen
sind.
Heute Kachetien, morgen ganz Georgien?
Den RUB-Archäologen
ist es gelungen, durch ihre Luftbilder die Vermutung einer kulturellen
Verbindung in Südkaukasus zwischen Europa und Asien zu bestätigen. Ein
entsprechender Bericht über die bisherigen Untersuchungen veröffentlicht der
Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte voraussichtlich Ende des Jahres. Da die
Flugprospektion so erfolgreich war, werden die Forscher sich in naher Zukunft
wahrscheinlich ganz Georgien zuwenden und das Land auf die Jahrhunderte vor
Christus untersuchen.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.