"Fruchtbare Dünen im biblischen Philisterland"
Archivmeldung vom 22.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKönnen Dünen fruchtbar sein? Seit etwa 1975 fand der israelische Archäologe Ariel Berman zwischen den alten Philisterstädten Aschdod und Aschkelon an der Mittelmeerküste viele Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit.
Prof. Gunnar Lehmann, Archäologe der Ben Gurion University of the Negev im
israelischen Beer Sheba und Prof. Hermann Michael Niemann von der Theologischen
Fakultät der Universität Rostock widmeten sich drei Wochen im September in einem
archäologischen Oberflächensurvey Fragen wie: Wer waren die Bewohner oder
Besitzer der archäologischen Fundstellen? In welchen Perioden wurden sie
benutzt? Was war ihre Funktion? In welcher Beziehung standen sie zu den nahe
gelegenen Orten Aschdod und Aschkalon und zum westlichen Hinterland bis nach
Juda?
Das überraschende Ergebnis: Die meisten Fundstellen waren
jahrhundertelang keine Wohnsiedlungen, sondern landwirtschaftliche Nutzflächen
besonderer Art. Das Fundmaterial (Keramik und Artefakte) muss aus der Tätigkeit
der Arbeitskräfte stammen. Reste von Gebäuden wurden nicht gefunden, nur
Gebrauchskeramik und einzelnen anderen Fundstücken, u. a. eine schöne kupferne
Gewandnadel.
Im 15.-10. Jahrhundert v. Chr. (Spätbronze- und Eisenzeit
I) gab es viele landwirtschaftliche Installationen direkt hinter dem heutigen
Sandstrand an der Dünenkante. Hier wurde z.B. anscheinend im philistäischen
Hinterland und vielleicht im judäischen Hügelland angebauter Wein verarbeitet,
gepresst, in Behälter verfüllt und zur Verschiffung vorbereitet. Seit der
Eisenzeit II, in der Zeit, als Israel und Juda sich im Bergland entwickelten,
wurden die landwirtschaftlichen Installationen weiter nach Osten ins heutige
Dünengebiet verlegt, in Mulden zwischen den Dünen mit hohem Grundwasser. Warum?
Und wie ist das hohe Grundwasser zu erklären? Es staut sich vor der Küste im
Landesinneren und erreicht kurz vor dem Ufer eine bemerkenswerte Höhe, was in
zahlreichen Mulden mit dichtem Pflanzenbewuchs noch heute zu erkennen ist. Der
dortige sog. Hamra-Boden wird in seiner Qualität durch das Grundwasser so
gesteigert, dass Garten- bzw. Dünenwirtschaft florieren konnte. Die zeitweiligen
Arbeits-Hütten der aus der Umgebung stammenden Bauern haben keine erkennbaren
Spuren hinterlassen.
Die Bewohner eines Siedlungs- und
Landnutzungssystems haben hier in biblischer Zeit ökologische Bedingungen
erkannt und sich wirtschaftlich darauf eingestellt: Dünenwirtschaft ist zwar
arbeitsintensiv, freilich auch rentabel. Bis in türkisch-osmanische Zeit (frühes
20.Jh. nach Chr.) wurde hier erfolgreich Gemüse-, Wein- und
Dattelpalmenwirtschaft betrieben.
Dies zeigt, dass die Potenzen der
philistäischen Küstenebene im Vergleich zum judäischen Bergland beträchtlich und
vielfältig waren - wenn sie konsequent wirtschaftlich genutzt wurden. Der in der
Bibel im Hintergrund immer wieder fühlbare Neid der Berglandbewohner gegenüber
den wirtschaftlich besser gestellten Bewohnern der Philister-Küstenebene wird so
immerhin verständlich.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.