Paläontologie: Dinos in Not vor dem großen Knall
Archivmeldung vom 02.05.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTrotz Jahre intensiver Forschung über das Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren ist die Ursache immer noch nicht endgültig geklärt: Begann der Aussterbeprozess der Dinosaurier schon lange bevor ein Asteroid am Ende der Kreidezeit auf die Erde einschlug?
„Nur wenige Fragen in der Paläontologie haben die Wissenschaft und die Öffentlichkeit gleichermaßen stark fasziniert wie das Aussterben der Dinosaurier“, sagt Steve Brusatte vom American Museum of Natural History. „Wurde dieses Aussterben durch lang andauernde vulkanische Eruptionen oder durch einen plötzlichen Asteroideneinschlag ausgelöst? Tatsächlich war die Sache wohl sehr viel komplexer als bislang vermutet wurde.“
In einer neuen Studie konnten Wissenschaftler des American Museum of Natural History, New York, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Bayrischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, beide München, einen Rückgang der Diversität von großen, kauenden Pflanzenfressern in der Endphase der Kreidezeit beobachten. Fleischfresser und nicht-kauende Pflanzenfresser waren hingegen nicht betroffen. Insgesamt schienen geographische Faktoren den Erfolg der einzelnen Gruppen zu beeinflussen.
Erfolgreich dank Vielfalt
Frühere Untersuchungen zum Aussterben der Dinosaurier konzentrierten sich zumeist auf die Veränderung der Artenzahl während der Endphase der Kreidezeit, die aber nicht immer präzise ermittelt werden. In der neuen Studie analysierten die Wissenschaftler daher die Veränderung der körperlichen Variabilität von insgesamt 150 Arten aus sieben Dinosaurier-Gruppen, basierend auf anatomischen Merkmalen im Skelettbau. Nehmen die Unterschiede im Skelettbau innerhalb einer Gruppe über die Zeit zu, könnte dies auf eine Auffächerung in neue Arten hindeuten. Eine Abnahme der Variabilität könnte hingegen ein mögliches Aussterben anzeigen.
„In den Augen der meisten Leute sind Dinosaurier nur riesige Ungeheuer aus grauer Vorzeit“, sagt Richard Butler von Ludwig-Maximilians-Universität. „Tatsächlich waren Dinosaurier aber extrem divers. Zum Ende der Kreidezeit lebten immer noch hunderte Arten, die sich in Größe, Form und Nahrungsspektrum stark unterschieden.“ Die einzelnen Gruppen scheinen sich dabei auch sehr unterschiedlich evolviert zu haben, was die Studie nun auch untermauert.
So ermittelten die Wissenschaftler für die letzten zwölf Millionen Jahre der Kreidezeit einen Rückgang der Diversität für Hadrosauer und Ceratopsier, zwei Gruppen großer, kauender Pflanzenfresser. Im Gegensatz dazu blieb die Diversität von Fleischfressern wie den Tyrannosauriern und Coelurosauriern, von mittelgroßen Pflanzenfressern wie den Pachycephalosaurieren und Ankylosauriern sowie von den riesigen Pflanzenfressern, den Sauropoden, stabil oder erhöhte sich sogar leicht.
Asiatische Aufsteiger
Allerdings war zum Beispiel der Rückgang der Diversität bei Hadrosauriern kein globales Phänomen: Während die Diversität der nordamerikanischen Arten abnahm, konnte in Asien dagegen eine Zunahme beobachtet werden. Diese unterschiedliche regionale Entwicklung könnten mit extremen geografische Veränderungen wie Schwankungen der Meeresspiegel und Gebirgsbildungen zusammenhängen, die zeitgleich in Nordamerika stattfanden.
„Aber auch wenn die Diversität einiger Gruppen oder regionalen Faunen zurück ging, bedeutet das nicht, dass die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit automatisch dem Untergang geweiht waren“, betont Mark Norell vom American Museum of Natural History. Die Diversität der Dinosaurier veränderte sich ständig während des Erdmittelalters und war daher ein ganz normaler Prozess. Erst der Einschlag eines riesigen Asteroidens am Ende der Kreidezeit besiegelte das Schicksal dieser extrem erfolgreichen Wirbeltiergruppe.
Die Studie wurde unter anderem vom Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung sowie der US-amerikansichen National Science Foundation und dem Charlotte und Walter Kohler Charitable Trust gefördert. (Nature Communications online, 01. Mai 2012)
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (idw)