Chronik der Bombardierung Dresdens vom 13. – 15. Februar 1945
Archivmeldung vom 14.02.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.02.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bombardierung Dresdens vom 13. - 15 Februar 1945 ist als einer der heftigsten Angriffe auf eine Deutsche Stadt im Zweiten Weltkrieg in die Geschichte eingegangen. Bis heute sind weder die genauen Opferzahlen, noch die genaue Motivation bekannt, warum die Stadt derart bombardiert wurde - unter den Opfern befanden sich hauptsächlich Zivilisten. Radio "Stimme Russlands" beschäftigt sich in mehreren Beiträge mit dem Thema. Unter anderem wird auch die Frage gestellt, die für deutsche Mainstream Medien quasi ein Tabu ist: "Dresden-Bombardement - strategische Notwendigkeit oder Kriegsverbrechen?"
In einer Chronik schildert Daniela Hannemann, was am ersten Angriffstag geschah. Nachfolgend lesen Sie eine Zusammenfassung der von Radio "Stimme Russlands" veröffentlicht Audiodatei:
"Dresden ist eine der wenigen Deutschen Städte die bisher von den Luftangriffen noch weitestgehend verschont geblieben war. Zu den 63.000 offiziellen Bewohnern der Stadt kommen noch weitere Flüchtlinge. Sie sind aus dem Osten vor der vorrückenden Roten Armee geflohen – Dresden ist ein wichtiger Knotenpunkt, die Bahnverbindungen nach Berlin, Prag, Breslau, Warschau, Leipzig und Nürnberg bestehen noch.
Der 13. Februar 1945, abends, Faschingsdienstag, der Abendhimmel ist aufgeklart und wolkenlos als gegen 21 Uhr auf einmal Fliegeralarm ertönt:
Augenzeuge: Wir ahnten, was das zu bedeuten hatte, konnten uns jedoch nicht im entferntesten vorstellen, was nun auf uns zukommen sollte. Wir waren kaum im Keller angekommen, als die ersten Einschläge krachten. Das schauerliche Geheul der fallenden Bomben das Wummern der Explosionen, mal nah, mal weiter entfernt, das auf' und abschwellende Geräusch der über uns hinweg ziehenden Bomber – all diese Geräusche übertönten die Angstschreie der Kellerinsassen.
SPR: Dieser erste Luftangriff dauerte von 22:13 bis 22:28 Uhr. Die Bomben gingen in einem Teppich zwischen der großen Elbschleife im Westen der Stadt und dem von Industriegebäuden geprägten Ostragehege und dem Hauptbahnhof nieder. Etwa drei Viertel der Dresdner Altstadt wurden dabei in Brand gesetzt – Ziel war es, die gesamte Innenstadt zu zerstören. Die Brände loderten weit sichtbar über der Stadt....
Mitten in der Nacht zum 14. Februar um 1:23 Uhr begann eine zweite Angriffswelle auf die Stadt. Die britische und kanadische Luftwaffe orientierte sich dabei an den Feuern der vorhergegangenen Angriffe und zerstörten das Gebiet von Löbtau bis Blasewitz und von der Neustadt bis Zschertnitz – insgesamt zwei Mal 15 Quadratkilometer, einige der Bomben trafen auch die Elbwiesen und den Großen Garten wohin viele Menschen nach der ersten Angriffswelle geflohen waren – die Feuer des ersten Angriffes verbanden sich mit den neu entstandenen des zweiten Angriffes, sodass ein ganzer Feuersturm durch die Stadt raste...
Augenzeuge: "Als wir über den Trümmerberg krochen, der einmal unser Haus gewesen war, sagte ich zu meinem Bruder Lutz: "Nun ist auch die Geige futsch." Meine Mutter nahm die taktlose Bemerkung trotz der vorangegangenen Erlebnisse zum Anlass, mir eine Ohrfeige zu geben. Uns empfing ein gewaltiger Feuersturm ausgelöst durch Luftsauerstoffmangel in der in Brand stehenden Stadt. Von den Dächern der stehen gebliebenen Häuser tropfte eine brennende Flüssigkeit. Schreiende Menschen, die wie Fackeln brannten, überholten uns und brachen zusammen, Wir konnten uns nicht auf den Füßen halten und krochen auf allen Vieren die Blumenstraße entlang bis zur Vogelwiese. Um uns war das totale Chaos."
Bei wolkenbedecktem Himmel wurden am 14. Februar gegen 12:17 Uhr bei einem Tagangriff nun weitere Bomben über Dresden abgeworfen. Die Ziele dieses Angriffs waren Rüstungsbetriebe und erneut der Hauptbahnhof, sowie das Reichsbahnausbesserungswerk in Friedrichstadt. Dabei wurden das Krankenhaus sowie die umliegenden Stadtteile in Mitleidenschaft gezogen. Wegen schlechten Wetters kamen zwei der Bombergruppen vom Kurs ab und bombardierten einen Ortsteil von Prag, da ihr Radarsystem ausgefallen war, glaubten sie, sie würden Dresden bombardieren.
Augenzeuge: "Die Menschen versuchten so schnell wie möglich die Stadt zu verlassen, als würden sie ahnen, dass der nächste Angriff unmittelbar bevorstand. Dessen Vorboten, Langstreckenjäger, beschossen uns mit ihren Bordkanonen, jaulten im Tiefflug über uns hinweg, wendeten und kamen zurück. Meine Mutter, die Brüder, ich und hunderte Dresdner wurden von zwei Jagdflugzeugen die Vogelwiese stadtauswärts gejagt. Da beide Piloten uns mehrmals angriffen, müssen sie gesehen haben, dass sie Zivilisten, Frauen und Kinder töteten...
Vor einer Villa auf dem damaligen Hindenburgufer stand ein einarmiger Oberst der Wehrmacht. Er führte uns in sein Haus, veranlasste, dass wir Wurstbrote und Tee bekamen und gab meiner Mutter den Rat, so schnell wie möglich aus der Stadt zu verschwinden. Am Körnerplatz trafen wir auf einen LKW der Wehrmacht, dessen Fahrer uns und etwa 40 andere Flüchtige aufsteigen ließ. Unter Umgehung der inneren Neustadt fuhr er uns bis Riesa. Dort angekommen, hörten und sahen wir über uns die Bomberverbände in Richtung Dresden ziehen, die den nächsten Angriff durchführen sollten. Wir waren noch einmal davongekommen..."
Die niedergebrannte Frauenkirche stürzte am 15. Februar gegen 10:15 zusammen – zwischen 11:52 und 12:01 folgt ein weiterer Angriff auf Dresden – da der Himmel bewölkt und die Sicht schlecht ist werfen sie auf dem Gebiet zwischen Meißen und Pirna großflächig ihre Bomben ab.
Einige hatten Glück, die Bomben zerstörten auch das Zentralgebäude der Gestapo, sodass die überlebenden inhaftierten Juden fliehen konnten, unter ihnen auch der Literaturwissenschaftler Victor Klemperer, der daraufhin in seinem Tagebuch vermerkte:
„Wen aber von den etwa 70 Sternträgern diese Nacht verschonte, dem bedeutete sie Errettung, denn im allgemeinen Chaos konnte er der Gestapo entkommen.“
Dresden-Bombardement - strategische Notwendigkeit oder Kriegsverbrechen?
Im zweiten Artikel von Radio "Stimme Russlands" über das Bombardement geht es um die Frage: Strategische Notwendigkeit oder Kriegsverbrechen? So betitelte der Journalist Michail Beresin seine Notizen zum gestrigen Jahrestag des ersten Luftangriffs auf Dresden.
"Jedes Jahr am 13. Februar um 21.45 Uhr werden in Dresden alle Kirchenglocken geläutet: So gedenkt die Hauptstadt des deutschen Bundeslandes Sachsen der Opfer der angloamerikanischen Bombenangriffe im Februar 1945.
Innerhalb von 15 Minuten haben 244 englische Lancaster 529 Luftbomben und 1.800 Spreng- und Brandbomben auf die Stadt abgeworfen. Drei Viertel der Dresdener Innenstadt wurden zerstört, einschließlich der architektonischen Meisterwerke der Renaissance und des Barock wie des Gebäudes der Semperoper, des Dresdener Schlosses, der Frauenkirche und des Zwingers.
In der Nacht zum 14. Februar fand der zweite Angriff der englischen und kanadischen Luftstreitkräfte statt, die 650.000 Stabbrandbomben mit 1.500 Tonnen Gesamtgewicht über der Stadt abwarfen. Durch die beiden Angriffe wurden ganze Stadtviertel vernichtet. An den Bombardements nahmen auch amerikanische Flugzeuge teil.
Die Menschenverluste waren riesig. Hinsichtlich der Opferzahl wurden zu verschiedenen Zeiten widersprüchliche Angaben veröffentlicht: von 22.700 bis zu 300 oder 500 Tausend Tote. Die sowjetische Militärenzyklopädie aus dem Jahre 1970 nennt eine Zahl von 135 Tausend Toten. Das ist damit zu erklären, dass genaue Angaben zu der Zahl der Menschen fehlten, die sich im Februar 1945 in Dresden aufhielten. Neben den Stadteinwohnern gab es dort nämlich deutsche Soldaten, KZ-Häftlinge, die in Betrieben der Stadt arbeiteten, sowie unzählige Flüchtlinge aus den östlichen Teilen Deutschlands. Während Dresden vor dem Krieg ca. 650 Einwohner hatte, befanden sich in der Stadt gegen Februar 1945 infolge eines großen Zustroms von Flüchtlingen nach unterschiedlichen Schätzungen von anderthalb bis über zwei Mio. Menschen. Natürlich konnten keine Statistiken alle Flüchtlinge erfassen.
Eine 2005 im Auftrag der Stadtbehörden von Dresden extra gebildete Historikerkommission nannte nach einer mehrjährigen Arbeit die Höchstzahl von 25.000 Toten. Es bestehen Zweifel, ob diese Ziffer nicht doch zu niedrig angesetzt ist und ob darin alle einbegriffen sind, die unter den Trümmern der Gebäuden umgekommen oder bei den Riesenbränden, die einige Tage andauerten, ganz verbrannt sind.
Historiker der ganzen Welt diskutieren immer noch die Frage, inwieweit die Bombardements von Dresden im Februar 1945 militärisch gerechtfertigt waren. Sind sie aus ethischer und rechtlicher Sicht nicht etwa Kriegsverbrechen? Es wird angezweifelt, dass die Luftangriffe die militärische Infrastruktur zum Ziel hatten. Von den Bombardements wurden ja nicht so sehr der Flugplatz, die Industriebetriebe und die Kasernen im nördlichen Teil der Stadt betroffen, als vielmehr die Zivilbevölkerung und die historische Innenstadt von Dresden.
„Das Verbrechen des Jahrhunderts. Der Untergang Dresdens“ betitelte sein Buch der englische Historiker David Irving. Als sinnlos aus militärisch-strategischer Sicht und rechtlich wie ethisch als Kriegsverbrechen bezeichnet die Luftangriffe auf Dresden auch der englische Philosoph Anthony Grayling. Laut einer Reihe von Historikern verfolgten die wenige Monate vor Kriegsende erfolgten Luftangriffe auf Dresden und einige andere deutsche Städte in der künftigen sowjetischen Besatzungszone politische Ziele: Das war eine militärische Machtdemonstration der westlichen Alliierten gegenüber der sowjetischen Staatsführung.
Seit den Flächenbombardements von Dresden sind 68 Jahre vergangen. Die Stadt wurde wiederaufgebaut. In der Altstadt erinnert nichts mehr an den Akt sinnloser Grausamkeit im Februar 1945. Noch zu den DDR-Zeiten wurden der Zwinger mit seiner berühmten Gemäldegalerie und die Semperoper wiederhergestellt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat sich die Frauenkirche mitten im Stadtzentrum aus den Trümmern erhoben, die zum Mahnmal an eine fürchterliche Greueltat des Zweiten Weltkrieges geworden ist."
Jahrestag der Luftangriffe in Dresden: Interview mit dem Historiker Uwe Zenner
Uwe Zenner, Historiker und gebürtiger Dresdener gab der STIMME RUSSLANDS, im dritten Beitrag den die ExtremNews Redaktion aus den Veröffentlichungen ausgewählt hat, ein Interview über die bis heute umstrittene Frage der Opferzahlen, und das Gedenken an die Form des Gedenkens an diese Tage in der DDR. Es handelt sich hier wiederum um eine Zusammenfassung der von Anastasia Gorokhova veröffentlichten Audiodatei.
"Innerhalb von 15 Minuten wurden am 13. Februar, dem Faschingsdienstag 1945 drei Viertel der Altstadt Dresdens nach der ersten Angriffswelle in Brand gesetzt. Man spricht in diesem Bezug von Flächenbrand…
Uwe Zenner: „Es war nicht so, dass hier was gebrannt hat, hier ein Haus, da ein Haus. Sondern es hat faktisch die ganze Stadt gebrannt, es gab einen regelrechten Flächenbrand mit allen Nachfolgeerscheinungen. Mit ungeheuren Stürmen zum Beispiel. Bei einem Flächenbrand wird so viel Sauerstoff verbrannt, dass ungeheure Winde, um den Sauerstoffmangel auszugleichen, - man nennt es einen Feuersturm, entstanden sind. Was sogar dazu geführt hat, dass Menschen, die auf der Straße standen, von diesen Stürmen erfasst wurden, und ins Feuer gesogen worden sind.“
Die Opferzahlen der Luftangriffe von Dresden waren und sind immer noch ein umstrittenes Thema und kein abgeschlossenes Kapitel für die Dresdener.
Uwe Zenner: „Die DDR hatte sich auf die Opferzahl 35.000 festgelegt, dass wurde jedes Jahr wiederholt und war wesentlich weniger, als in den ersten Nachkriegsjahren gesagt wurde. Durchaus auch weniger, als bei manchen Historikern in England oder Westdeutschland, die zu diesem Thema geforscht haben, wo z.B. 70-80.000 angenommen wurden. Dazu muss gesagt werden, dass die DDR auch Interesse hatte diese Zahl eines konventionellen Luftangriffes – es war ja noch nicht atomar, sondern eben konventionell – relativ klein zu halten. Weil zu ihrer Ideologie, gerade in den Achtzigern, gehörte die Stationierung amerikanischer Atombomben in Europa zu verteufeln. Zu sagen, dass ist das eigentliche Teufelszeug, die Amerikaner sind bislang die einzigen, die Atombomben gegen Menschen angewendeten haben. Durch die im Sommer 1945 erfolgten Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki. Und das musste aus DDR Sicht immer als schlimmer gewertet werden, als der konventionelle Angriff auf Dresden. Man wusste, dass etwa 70-80.000 in Hiroshima und Nagasaki umgekommen waren, und so musste die Opferzahl in Dresden immer kleiner gehalten werden.“
War der 13.Februar für Sie als Dresdener in DDR-Zeiten ein ganz normaler Tag? Gab es da eine spezielle Form des Gedenkens?
Uwe Zenner: „Wir haben uns natürlich auch in gewisser Hinsicht hinter dem 13. Februar versteckt, - das heißt, es sollte gedacht werden, aber die Form des Gedenkens gefiel den Offiziellen dann nicht. Es war einfach ein stilles Stehen an der Frauenkirche. Und für uns, gerade für meine Generation hat die Frauenkirche auch großen Identifikationscharakter. Die Ruine, muss man allerdings sagen. Nicht das wieder aufgebaute Gebäude, sondern diese Ruine der Frauenkirche. Das verbinde ich bis heute noch ganz stark mit dem 13. Februar.“
Quelle: Texte Daniela Hannemann - Michail Beresin - Anastasia Gorokhova - „Stimme Russlands"