20 Jahre nach Tschernobyl - ein Risiko wurde Realität
Archivmeldung vom 22.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAm 26. April jährt sich der bisher schwerste Unfall in der Geschichte der Nutzung der Kernenergie zum zwanzigsten Mal. In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 explodierte Block 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine. In den darauf folgenden zehn Tagen wurden große Mengen Radioaktivität in die Atmosphäre freigesetzt und auch über Deutschland verteilt.
"Auf schmerzliche Weise wurde deutlich, dass eine Kernschmelze kein
hypothetisches Risiko darstellt, sondern ein sehr reales", sagte BfS-Präsident
Wolfram König heute in Salzgitter.
Die konkreten Folgen der
Tschernobyl-Katastrophe werden heute von Wissenschaftlern sehr unterschiedlich
eingeschätzt. Die Abgaben der durch radioaktive Strahlung verursachten
Todesfälle differieren sehr stark, weil eine Beziehung von Ursache und Wirkung
nicht unmittelbar herstellbar ist und die Latenzzeit zwischen der
Strahlenbelastung und einer Krebserkrankung relativ lang sein kann. Die Höhe der
Erkrankungsfälle wird deshalb statistisch berechnet.
Im derzeitigen
Disput um die Anzahl der Opfer gilt es, verlässliche Informationen aus dem
wissenschaftlichen Raum zu erhalten. "Das BfS wird deshalb in Kürze die Autoren
der unterschiedlichen Studien zu einem Fachgespräch einladen. Es ist mein Ziel,
als unabhängige Institution den gemeinsamen Kenntnisstand, offene Fachfragen und
kontroverse Interpretationen herauszuarbeiten und zu bewerten", so König weiter.
Auch in Deutschland hatte der Unfall weit reichende gesellschaftliche
Folgen. Er wurde zum Wendepunkt in der Entwicklung der Nutzung der Kernenergie.
Selbst Kernenergiebefürworter sprachen damals nur noch von einer
"Übergangsenergie". Politische Konsequenz des Tschernobyl-Unfalls war die
Gründung des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Strahlenschutz,
das Strahlenschutzvorsorgegesetz und die Neukonzeption des inzwischen massiv
ausgebauten Messnetzes zur Feststellung der Umweltradioaktivität (IMIS).
Deutsche Kernkraftwerke wurden einer Überprüfung ihrer Sicherheitsstandards
unterzogen und mussten ihren Notfallschutz weiter verbessern.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.