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Richtigstellung: Ötzi war kein Sarde

Archivmeldung vom 01.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Rekonstruktion des „Ötzi“ (Südtiroler Archäologiemuseum, 2011) Bild: Mattes / de.wikipedia.org
Rekonstruktion des „Ötzi“ (Südtiroler Archäologiemuseum, 2011) Bild: Mattes / de.wikipedia.org

Die gestrige Aussage eines am Projekt beteiligten Forschers der Universität Tübingen zu den Ergebnissen der ersten Genomanalyse der Gletschermumie Ötzi gegenüber der dpa hat zu einigen Missverständnissen in der Presse geführt. Diese möchte das Forscherteam des Instituts für Mumien und den Iceman der Europäischen Akademie Bozen (EURAC), die das Projekt unter der Leitung von Albert Zink koordiniert hat, richtig stellen.

Herkunft

Das Ergebnis der Forschungsgruppe, dass Ötzis so genannte Y-chromosomale Haplogruppe G2a4, welche die väterliche Herkunft widerspiegelt, heute in Sardinien und Korsika weitaus häufiger als im restlichen Italien vorkommt, führte zur Spekulation, Ötzis Vorfahren kämen aus dieser Gegend.

„So können wir dies jedoch nicht deuten“, erklärt Angela Graefen, Paläogenetikerin am EURAC-Institut für Mumien und den Iceman, die Erstautorin des Fachartikels ist, den „Nature Communications“ gestern veröffentlicht hatte. „Viel wahrscheinlicher ist es, dass diese Haplogruppe ursprünglich von den ersten Ackerbauern und Viehzüchtern im Zuge der so genannten „Neolithischen Revolution“ (etwa 1000 Jahre vor Ötzis Lebzeiten) aus dem Nahen Osten nach Europa gebracht wurde und zu Ötzis Zeit wesentlich verbreiteter war. Sie ging allmählich über die nächsten Jahrtausende durch die vielen Wanderbewegungen der Menschheitsgeschichte verloren und ist nur noch in isolierten Regionen wie beispielsweise den mediterranen Inselregionen erhalten geblieben.“, erklärt sie. Möglicherweise sei diese Haplogruppe auch im Alpengebiet und Südtirol häufiger.Für diese Gebiete stehen aber noch nicht genügend genetische Daten moderner Populationen zur Verfügung. „Das Archiv an Informationen, welches Ötzis Genom uns bietet, wird im Laufe der nächsten Jahre im Vergleich mit weiteren paläogenetischen Studien Aufschluss über die damaligen Migrations- und Ausbreitungsrouten der ersten Ackerbauern und Viehzüchter bieten.“, erläutert Angela Graefen.

Laktoseintoleranz

„Auch die Laktoseintoleranz, welche in der Presse zum Teil als Leiden oder gar als Zivilisationskrankheit gedeutet wurde, ist stattdessen der eigentliche biologische Normalzustand des Menschen in der Geschichte.“, erklärt die Wissenschaftlerin. Studien haben ergeben, dass Laktoseintoleranz während der Jungsteinzeit noch die Regel war. Die Fähigkeit, Milch nach der Kindheit zu verdauen, sei einst eine zufällige Mutation gewesen, welche aber dann einen erheblichen Selektionsvorteil bot und sich daher über die nächsten Jahrtausende allmählich ausbreitete. Allerdings sei in vielen Regionen, beispielsweise in Süditalien, die Laktoseintoleranz immer noch der häufigere Zustand. Ötzis Laktoseintoleranz sei somit für seine Zeit normal und keineswegs ein Beleg dafür, dass er noch Jäger und Sammler war - zu einer mittlerweile vom bäuerlichen Leben geprägten Zeit.

Hintergrund: die Forschungsgruppe

An der Bearbeitung des Ötzigenoms waren eine Vielzahl von Instituten beteiligt: Koordiniert wurde das Gesamtprojekt vom EURAC-Institut für Mumien und den Iceman in Bozen, wo auch ein erheblicher Teil der späteren Auswertung stattgefunden hat. Die DNA-Extraktion ist in Tübingen erfolgt, weitere Probenvorbereitungen und die Genom-Sequenzierung haben Forscher der Universität des Saarlandes mit Projektpartnern aus den USA durchgeführt.

Die anschließende Genomanalyse fand ebenfalls an unterschiedlichen Orten statt. Ötzis Herkunft haben Forschergruppen aus Massachusetts und Kalifornien mit den EURAC-Wissenschaftlern gemeinsam untersucht. Die Analyse der bakteriellen DNA in der Knochenprobe haben die EURAC-Forscher hingegen mit den Kollegen der Universität Tübingen durchgeführt. Die Ergebnisse waren im Anschluss mittels Untersuchung einer Zweitprobe an der EURAC bestätigt worden. Die genomischen Daten sind im Internet für Forscher aus allen Forschungszweigen öffentlich zugänglich (www.icemangenome.net).

Anmerkung der ExtremNews Redaktion: Die Richtigstellung bezieht sich auf die am 28.02.2012 veröffentlichte Pressemitteilung der Europäischen Akademie Bozen mit dem Titel: "Ötzi veranlagt zu Herz-Kreislauferkrankungen – Erste Genomanalyse liegt vor".

Quelle: Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano (idw)

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