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Archäologie: Älteste Heilige Österreichs identifiziert

Archivmeldung vom 08.12.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.12.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Das Skelett der Heiligen vom Hemmaberg. Die Frau war zwischen 35 und 50 Jahre alt und lebte im 1. oder 2. Jahrhundert.
Quelle: © Niki Gail/ÖAI/ÖAW (idw)
Das Skelett der Heiligen vom Hemmaberg. Die Frau war zwischen 35 und 50 Jahre alt und lebte im 1. oder 2. Jahrhundert. Quelle: © Niki Gail/ÖAI/ÖAW (idw)

Forscher/innen des Österreichischen Archäologischen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften konnten den Cold Case einer Reliquie lösen, die in den 1990er-Jahren am Hemmaberg in Kärnten entdeckt wurde. Über die mehr als 1.800 Jahre alte Heilige berichten sie nun erstmals in einem neuen Buch.

Ein interdisziplinäres Team unter der Leitung von Sabine Ladstätter und Michaela Binder vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) untersuchte seit 2016 einen Reliquienfund, den Archäolog/innen in den 1990er-Jahren am Hemmaberg in Kärnten unter dem Altar einer Kirche entdeckt hatten.

Dank neuester wissenschaftlicher Methoden, wie einer C14-Analyse sowie Isotopenuntersuchungen der menschlichen Knochen, konnten die Wissenschaftler/innen nun belegen, dass die Frau, die am Hemmaberg verehrt wurde, in der Zeit der frühen Christenverfolgungen in der Region lebte und im 1. oder 2. Jahrhundert verstarb. Damit handelt es sich bei dem Fund um die älteste Heilige Österreichs. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher/innen in einem neuen Buch „Die Heilige vom Hemmaberg. Cold Case einer Reliquie“, das nun im Verlag Holzhausen erschienen ist.

Bedeutender Wallfahrtsort des frühen Christentums

Der Hemmaberg in Kärnten war im 6. Jahrhundert ein florierender christlicher Wallfahrtsort mit intensiven Verbindungen nach Oberitalien. Der starke Zustrom an Pilgern gipfelte im Neubau von zwei Doppelkirchenanlagen, zahlreichen Pilgerunterkünften, Platzanlagen und Nebengebäuden. Da die Bedeutung frühchristlicher Pilgerheiligtümer unmittelbar mit der Strahlkraft der dort verehrten Heiligen verbunden war, wurden auch am Hemmaberg mehrere Kirchen mit Reliquien ausgestattet.

Reliquienfund unter dem Altar

In der eigens für die Heiligenverehrung errichteten Kirche N stießen Archäolog/innen 1991 bei Ausgrabungen auf Reliquien, die unter dem Altar deponiert worden waren. In der Reliquiennische lagen neben einem Holzkästchen und einem Silberring auch menschliche Knochen in einem 29 cm breiten Schrein aus Stein.

Heilige war zwischen 35 und 50 Jahre alt

Obwohl die Nische später beraubt und zerstört wurde, konnten Expert/innen dennoch feststellen, dass es sich bei den menschlichen Resten um eine Frau handelt, die im 1. oder 2. Jahrhundert, lange bevor sie am Hemmaberg als Heilige verehrt wurde, im Alter zwischen 35 und 50 Jahren verstorben war. Sie lebte also in der Zeit der frühen Christenverfolgung. Bioarchäologische Untersuchungen zeigen, dass die Frau von Kindheit an unter Krankheiten litt und zu Lebzeiten starken körperlichen Belastungen ausgesetzt war.

Zwar lässt sich die Todesursache aus dem Skelett nicht ableiten, für die Gläubigen war sie aber offenbar den Märtyrertod gestorben, der ihren menschlichen Überresten spirituelle Kraft verlieh. Eine Heiligenlegende, die ihre Todesumstände oder ihren Namen beschreibt, ist allerdings nicht überliefert. Der Heiligenverehrung am Hemmaberg war keine lange Lebensdauer beschieden. Im Zuge der Einwanderung der zu diesem Zeitpunkt noch heidnischen Slawen um 600 wurde der Wallfahrtsort zerstört. Heute befinden sich die Gebeine der Heiligen wieder am Hemmaberg, in der Kirche der hll. Hemma und Dorothea.

Neuerscheinung „Die Heilige vom Hemmaberg“

Das im Verlag Holzhausen neu erschienene Buch „Die Heilige vom Hemmaberg. Cold Case einer Reliquie“ - herausgegeben von den ÖAW-Archäologinnen Sabine Ladstätter und Michaela Binder - gibt nun erstmals Einblicke in kulturhistorische Details des Falles, wie die besondere genetische Herkunft und die beschwerlichen Lebensbedingungen der Verstorbenen, die Rekonstruktion des Reliquienschreins, das frühe Christentum im Alpenraum oder die Praxis der Reliquienteilung. Es vermittelt aber auch die Anwendung moderner Methoden und Analyseverfahren in der heute stark durch Interdisziplinarität geprägten archäologischen Forschung.

Quelle: Österreichische Akademie der Wissenschaften (idw)

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