Forscher weisen römische Anlandestelle in Bonn nach
Archivmeldung vom 18.11.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Römer nutzten eifrig die natürlichen Wasserwege, um möglichst einfach ihre Siedlungen mit Waren und Truppen zu versorgen. Wissenschaftler des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Schwerpunktprogramms „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter – Der Rhein als europäische Verkehrsachse“ legten nun erste Ergebnisse in Form eines Buchs vor. In Bonn gibt es Hinweise auf antike Hafenanlagen, in Königwinter handelt es sich dagegen unterhalb der aufgelassenen Steinbrüche um natürliche geologische Strukturen.
Die linksrheinischen Gebiete kamen mit den Eroberungen Cäsars unter römische Herrschaft. In augustinischer Zeit entstanden erste urbane Zentren, der Handel florierte. Größere Siedlungen lagen am Rhein. Offenbar war der Schiffsverkehr rege, da Soldaten und Zivilisten mit Gütern versorgt sowie Truppen und Baumaterial herangeschafft werden mussten. Sind heute noch Spuren von römischen Hafenanlagen am Rhein zu finden? Unter anderem dieser Frage ging ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam im Schwerpunktprogramm „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter – Der Rhein als europäische Verkehrsachse“ nach. Das Vorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
Im Rhein bei Königswinter sind bei Niedrigwasser eine molenartige Struktur und Becken zu erkennen. In den 1970er Jahren wurde die umstrittene These aufgestellt, dass es sich dabei um einen Römerhafen handelt, von dem aus der Trachyt aus dem Siebengebirge abtransportiert wurde. „Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Trotzdem lässt sich schon jetzt mit einiger Sicherheit sagen, dass es in Königswinter einen Römerhafen nicht gegeben hat“, sagt die Archäologin Dr. Heike Kennecke von der Universität Bonn, die die Ergebnisse der Forscher nun in einem Band herausgegeben hat.
Messungen mit Seismik und Sonar
Das Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel führte dort im Auftrag der Universität Bonn reflexionsseismische Messungen und eine Jenaer Firma Flachwassersonarmessungen durch. Die daraus erstellten Modelle vom Geländerelief unter Wasser zeigten, dass es bei den Untiefen keine Hinweise auf einen römischen Hafen, sondern auf natürliche geologische Strukturen gibt. „Es handelt sich um die Endhalde eines Blockstroms, der sich nach der Saalekaltzeit über den Hang in Richtung Westen ergoss“, zitiert Dr. Kennecke aus den Ergebnissen. Hydrologische Untersuchungen zeigten zudem, dass der Mittelwasserstand des Rheins zur Römerzeit rund 1,5 Meter tiefer gelegen hat als heute. Die natürlichen Wälle unter Wasser stellten deshalb eher ein Hindernis als eine Hilfe für die Schifffahrt dar. „Ein Hafen war zum Verladen der Steine gar nicht nötig“, erläutert Dr. Kennecke. „Mit Flachbodenschiffen konnte man problemlos am natürlichen Ufer anlanden.“
Nach ersten Ergebnissen der Forscher wurden die Steinbrüche am Drachenfels sowohl während der Römerzeit als auch während des Mittelalters für Bauten in Bonn und Köln genutzt. Verschiedene römische Weihesteine zeugen von der Nutzung, darunter einer von 160 n. Chr., der als Dank für den glücklichen Steintransport nach Xanten gestiftet wurde. Die Wissenschaftler halten es für sehr wahrscheinlich, dass Soldaten den Stein vom Drachenfels brachen. Spuren an zurück gelassenen Trachytblöcken weisen auf die Legionäre hin. Im Mittelalter wurden die römischen Steine für profane und sakrale Gebäude „recycelt“: So findet sich römisches Baumaterial in der Immunitätsmauer von St. Maria und St. Clemens in Schwarzrheindorf sowie Weihesteine in den Fundamenten der Bonner Münsterbasilika. „Erst in der Mitte des zwölften Jahrhunderts wurden die Steinbrüche im Siebengebirge wieder eröffnet, weil das Steinmaterial aus antiken Gebäuden erschöpft war“, sagt Dr. Kennecke.
Anlanden mit einfachen Booten
Am Brassertufer in Bonn fanden die Wissenschaftler Hinweise auf eine römische Anlandestelle, die sich am südlichen Rand der zum Legionslager gehörenden Lagervorstadt befand. „Das damalige Ufer war flacher und breiter. Ein Anlanden mit einfachen Booten war ohne umfängliche Hafenbauten möglich“, erläutert der Archäologe Gary White. Zweifellos habe es im Umkreis von Bonn weitere Schiffs- und Bootsanlandestellen gegeben. Die Existenz eines direkt am Legionslager vermuteten Hafens werde noch geprüft, es gebe aber erste Hinweise darauf.
Im September 2012 startete das Projekt „Der Rhein als europäische Verkehrsachse – Märkte, Rohstoff- und Warentransporte im Kontext rheinischer Flusshäfen im 1. Jahrtausend n. Chr.“. Es ist Teil des großen Schwerpunktprogrammes „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“. Partner in diesem großen Verbundprojekt sind das LVR-LandesMuseum Bonn, die Universität Bonn, die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, das Museum Burg Linn in Krefeld und das Römisch-Germanische Museum der Stadt Köln.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (idw)