21. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl
Archivmeldung vom 19.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Atomlobby wittert Morgenluft und will der Atomenergie als vermeintlichem Klimaretter zur Renaissance verhelfen. Dabei sind auch 21 Jahre nach Tschernobyl die Folgen des GAUs noch allgegenwärtig. Sicherheitsprobleme und Endlagerfragen sind nach wie vor ungelöst. Und zudem blockiert die Atomtechnik klimafreundliche Energien.
Vor 21 Jahren ereignete sich der bislang folgenschwerste Unfall in der Geschichte der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie: Am 26. April 1986 explodierte das Atomkraftwerk Tschernobyl. Die Katastrophe wirkt bis heute nach. Fälle von Schilddrüsenkrebs haben in den hochbelasteten weißrussischen Regionen dramatisch zugenommen, ein Ende ist nicht in Sicht. Die überlebenden Aufräumarbeiter, so genannte Liquidatoren, leiden unter den gesundheitlichen Folgen - mit wenig Aussicht auf angemessene Entschädigung.
Die radioaktive Belastung von Pilzen und Wildfleisch ist selbst im 2000 km entfernten Bayern noch immer hoch, die Grenzwerte werden zum Teil um das 100-fache überschritten.
Dessen ungeachtet soll die CO2-arme Atomenergie jetzt als angeblicher Klimaretter wieder hoffähig gemacht werden.
Egal ob der Ölpreis steigt, Russland den Gashahn zudreht oder eine neue Klimastudie vorgelegt wird: Reflexartig wird der Ruf nach Atomkraft laut. Christina Hacker, Vorstand im Umweltinstitut München, hält davon nichts: „Das Klima mit Atomkraft retten zu wollen, würde den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.“ Der globale Klimawandel mit all seinen katastrophalen Auswirkungen stehe der Möglichkeit verheerender Atomunfälle gegenüber.
„Tschernobyl hat uns gezeigt, wie lang die Zerstörung in der nahen und weiteren Umgebung anhält. Dabei hat sich diese Katastrophe in einer dünn besiedelten und ökonomisch kaum entwickelten Gegend ereignet“, so Hacker weiter.
Auch die von der Atomlobby ins Spiel gebrachte Laufzeitverlängerung, nach der ältere Atomanlagen so lange emissionsarme Energie liefern sollen, bis erneuerbare Energieformen sie ersetzen, ist keine Alternative. Die Unverfrorenheit der Antragsteller kennt dabei scheinbar keine Grenzen: So hat beispielsweise der AKW-Betreiber Vattenfall für Brunsbüttel, dem ältesten Siedewasserreaktor Deutschlands, der schon mehrfach wegen schwerer Sicherheitsmängel in den Schlagzeilen war, jüngst einen Antrag auf Laufzeitverlängerung gestellt. Dabei wird der fragwürdige Sicherheitszustand des Meilers seit Jahren geheim gehalten. Begründung:
Mit Offenlegung der Mängelliste wären Rückschlüsse auf Nachrüstungserfordernisse und fehlende Sicherheitsnachweise möglich, was den Wert der Anlage mindern könnte. Dazu Karin Wurzbacher, Physikerin am Umweltinstitut München: „Bevor überhaupt über eine Laufzeitverlängerung diskutiert wird, sollen die Betreiber vom maroden Altmeiler Brunsbüttel erst einmal die Mängelliste auf den Tisch legen. Dann wird sich jede weitere Diskussion darüber erübrigen, da die Sicherheit dieses Reaktors nicht hinreichend gewährleistet ist.“
Das Umweltinstitut München setzt sich für das rasche Ende der Atomtechnik ein. Nicht nur, weil Tschernobyl eindrücklich gezeigt hat, dass diese Technik nicht beherrschbar ist und Radioaktivität keine Grenzen kennt. Auch gibt es für die Lagerung von hochaktivem Atommüll weltweit noch kein einziges Konzept. Jahrtausende strahlenden Abfall weiter anzuhäufen, wäre ein hoch gefährliches und unverantwortliches Erbe an unsere Nachwelt.
Christina Hacker: „Wer an der Atomenergie festhält, vergeudet nur Zeit und Geld für nachhaltig sinnvolle Maßnahmen. Die dringend notwendige Umstrukturierung der Energieversorgung wird damit blockiert. Wenn wir auf regenerative Energiequellen setzen, Energie konsequent sparen und die Effizienz in Industrie, Verkehr und Privathaushalten steigern, kann auf die gefährliche Atomenergie verzichtet werden.“
Quelle: Pressemitteilung Umweltinstitut München e.V.