Pferderennbahn im antiken Olympia nach 1600 Jahren entdeckt
Archivmeldung vom 05.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Lage der antiken Pferderennbahn von Olympia, auf der auch Kaiser Nero zum olympischen Sieg fuhr, ist enträtselt. Die Entdeckung des Hippodroms gelang einer Forschungskooperation unter Beteiligung des Mainzer Sporthistorikers Professor Dr. Norbert Müller, des Kölner Sportarchäologen Dr. Christian Wacker und PD Dr. Reinhard Senff, Ausgrabungsleiter des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Olympia.
"Der Fund ist eine archäologische Sensation", kommentierte Müller,
Sporthistoriker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die
Entdeckung. Das Forschungsprojekt lief mehrere Wochen bis zum Abschluss
Mitte Mai 2008.
Das Hippodrom war bislang nur durch Schriftquellen bekannt, archäologisch ließ es sich nie nachweisen. Dies ist überraschend, da deutsche Ausgräber seit 1875 den Ort der antiken Olympischen Spiele als eine ihrer traditionsreichsten Unternehmungen kontinuierlich erforschen und zahllose Archäologen, Alt- und Sporthistoriker aus der ganzen Welt sich seit über 100 Jahren mit diesem Geheimnis beschäftigt haben. Sehr detailreich beschreibt der antike Reiseschriftsteller Pausanias im 2. Jh. n. Chr. die Pferderennbahn, deren Startmechanismen, Wendemale und Altäre. Eine bisher wenig beachtete Schriftquelle aus dem 11. Jahrhundert n. Chr. nennt sogar Maße und Dimensionen der Anlage.
Bislang ging man davon aus, dass sich keine Überreste des Hippodroms
mehr finden lassen, da das von Pausanias beschriebene Areal im Osten
des Heiligtums von Olympia durch den Fluss Alpheios seit der Antike
überschwemmt und versandet wurde. In modernen Plänen und Beschreibungen
steht meist lapidar zu lesen: "Keine Reste vom Hippodrom aufgrund
mittelalterlicher Überschwemmungen."
Das reizte die deutschen Forscher umso mehr: Mit modernen
geophysikalischen Methoden wurde erstmals das Gelände systematisch
abgesucht, wobei die auf Geo-magnet- und Georadarmessungen
spezialisierten Experten Armin Grubert (Mainz) und Christian Hübner
(Freiburg) zahlreiche Veränderungen im Boden wie beispielsweise
Wasserläufe, Gräben und Mauern kartieren konnten. Tatsächlich wurden
auffällige, geradlinige Strukturen auf einer Länge von fast 200 Metern
entdeckt, welche die Forscher mit der parallel zum Stadion gelegenen
Pferderennbahn verbinden. Bauliche Überreste, die mit einem beim
Hippodrom überlieferten Heiligtum der Demeter gleichgesetzt werden
können, waren bereits im Norden des untersuchten Geländes im Frühjahr
2007 aufgedeckt worden.
Besonders interessant ist auf halber Höhe des nördlichen Zugangs zur
Startanlage - dort, wo Pausanias das Hippodrom betrat - eine
kreisförmige Anlage mit etwa 10 Meter Durchmesser, die sich deutlich in
der antiken Bodenschicht abzeichnet und vielleicht auf Sakralbauten,
die der antike Schriftsteller an dieser Stelle erwähnt, zu beziehen
ist. Die eigentliche Startanlage mit Boxen für bis zu 24 Pferdegespanne
dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit unter einem von den Archäologen
seit 1875 angelegten gewaltigen Hügel von Erdaushub des Tempelbezirks
liegen.
Mit der Erforschung des Geländes östlich des Heiligtums von Olympia, möglich gemacht durch Forschungsmittel des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Mainz und des Internationalen Reiterverbandes, konnten erstmals konkrete Hinweise auf die Lage der Pferderennbahn und ihre geographische Ausdehnung gewonnen werden. Zehn Studierende waren dabei mit dem auf Olympia spezialisierten Sporthistoriker Professor Norbert Müller im Einsatz. "Das DAI mit seiner Außenstelle in Athen hat durch seine Mitwirkung der Sporthistorie einen großen Dienst erwiesen", sagte Müller. "Das Projekt könnte ähnlich der Ausgrabung des antiken Stadions von Olympia vor 50 Jahren eine neue Attraktion für die Sportwelt werden."
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.