Őrvidék, das heutige Burgenland
Archivmeldung vom 07.06.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDas schöne Land, wo Störche im Tiefflug im Nationalpark und Welterbe Neusiedler See (Fertő-tó) zu sehen sind, wo Haydn-Kirche und Esterházy-Schlösser, aber auch Türkentürme, Ritterburgen zu finden sind, alles worüber Landbewohner und Touristen sich begeistern, heißt heute Burgenland und nicht mehr Őrvidék. Es ist eine kuriose oder vielmehr traurige Eigentümlichkeit des Trianon-Diktats, dass sogar der Kriegsverlierer Österreich durch das Friedensdiktat von Trianon ein ansehnliches Stück Land von Ungarn erhielt. Dies berichtet Dr. István Heinrich im Magazin "Unser Mitteleuropa".
Dr. Heinrich berichtet weiter: "Worüber viele unserer österreichischen Nachbarn mit Freude so sprechen, es sei seit hundert Jahren ihr Land, das war eigentlich über Jahrhunderte das Gebiet der magyarischen Grenzwächter, Grenzbeobachter und Grenzschützer. Die heutigen Ortsnamen mit der Endung „wart” belegen das. Oberwart/Felsőőr, Unterwart/Alsóőr, Siget in der Wart /Őrsziget weisen noch auf die Siedlungräume der „Grenzwarte” hin, während Ortsnamen wie Oberschützen/Felsőlövő, Unterschützen/Alsólövő, jenen Raum markieren, in denen die Grenzshüter lebten. Die Grenzwächtersiedlungen konnten sich über Jahrhunderte halten, die Bewohner genossen bis 1848 königliche Privilegien.
Die wirtschaftliche Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert führte zum Entstehen eines aufstrebenden Bürgertums. Dieses war in der Hauptsache ungarisch. Der Ausgleich 1867 führte zu einem Aufschwung der Zahl der Ungarn. Neben den traditionell ungarischsprechenden Gemeinden Oberpullendorf/Felsöpulya, Mitterpullendorf/Középpulya, Oberwart/Felsőőr, Siget in der Wart/Őrsziget und Unterwart/Alsóőr, wiesen insbesondere die Gemeinden Bruckneudorf/Királyhida und Güssing/Németújvár sehr hohe Anteile magyarischer Bevölkerung auf (über 50 %).
Die Folgen des Trianon-Diktats stellten alles auf den Kopf. Die Veränderungen sind darauf zurückzuführen, dass viele magyarische Beamten, Militärs den neuen Staat Österreich verlassen haben. Es gab immerhin noch genügend ungarischssprachige oder gemischtsprachige Schulen im Bundesland. Es gehörte regelrecht zum guten Ton der Intelligenzschicht, sich zur ungarischen Kultur zu bekennen.
Diese Anerkennung der ungarischen Kultur kam nicht von ungefähr. Die ungarischen Fürsten, allen voran diejenigen der Familie Esterházy brachten schon vor 350 Jahren Kunst und Kultur ins Burgenland. Auch im 21. Jahrhundert fördert die Unternehmerfamilie das regionale Kulturleben. Ohne Esterházys scheint im Burgenland gar nichts zu gehen. Schloss Esterházy in Eisenstadt/Kismarton und die Burgen Forchtenstein/Fraknó und Lockenhaus/Léka sind nur einige der Besitzungen jenes alten Adeslsgeschlechts, das nicht nur die Vergangenheit des Landes pflegte, sondern auch die Gegenwart tatkräftig mitgestaltet.
Untrennbar mit dem Fürstenhaus verbunden ist Josef Haydn, der 30 Jahre lang als Kapellmeister einen Großteil seiner Werke seines fürstlichen Arbeitgebers komponierte. Mozart konzertierte mehrmals bei seinem Gönner Graf Johann Esterházy in Wien. Und auch die Karriere Franz Liszts, der im übrigen auch aus Burgenland stammte, begann seine Karriere im Eisenstädter Schloss. Dort begeisterte er 1819 im Alter von neun Jahren eine kleine Runde von Kunstfreunden mit seinem virtuosen Klavierspiel.
Zurück zur Gegenwart. – Verglichen mit meinen ungarischen Landsleuten in den Folgestaaten, die nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg entstanden, genießen meine Freunde und Bekannten in Österreich, ähnlich wie in den anderen westlichen Ländern Vorzüge, vor allem was ihr materielles Wohlergehen betrifft. Manchmal sinne ich aber darüber nach, ob das vielleicht zutrifft, dass ein Großteil von ihnen relativ schnell assimiliert wird, und ihre Nachkommen nach zwei oder drei Generationen ihren Ursprung nur als ein Kuriosum in einem pletschernden Gespräch erwähnen?
Quelle: Unser Mitteleuropa