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Neues Fenster zum frühen Universum: Beobachtungsstrategie für extrem weit entfernte Galaxien

Archivmeldung vom 21.10.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Milchstraße über dem ALMA-Teleskopverbund
Quelle: (c) ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), C. Padilla (idw)
Die Milchstraße über dem ALMA-Teleskopverbund Quelle: (c) ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), C. Padilla (idw)

Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Cardiff sehen für Astrophysiker gute Zeiten heraufziehen: Mit einer neuartigen Methode lassen sich detaillierte Informationen über die Galaxien am Rande des Universums gewinnen. Das konnten die Forscher in einer Simulation mit zwei der weltweit schnellsten Supercomputer zeigen. Im Zentrum der neuen Beobachtungsstrategie steht das Radioteleskop ALMA. Es steht in 5.000 Metern Höhe in der chilenischen Atacama-Wüste – an einem der trockensten Orte der Erde.

Das Ergebnis der Simulation: Das rechte Bild zeigt die berechnete Wasserstoff-Verteilung.
Quelle: © Matteo Tomassetti, Universität Bonn (idw)
Das Ergebnis der Simulation: Das rechte Bild zeigt die berechnete Wasserstoff-Verteilung. Quelle: © Matteo Tomassetti, Universität Bonn (idw)

Informationen über die Galaxien am Rande des Universums zu erhalten, ist äußerst schwierig. Zu sehr „verdünnen“ sich die Signale dieser Himmelsobjekte bei ihrer viele Milliarden Jahre dauernden Reise durch das All.

Besonders kompliziert ist die Abschätzung, wie viel molekularer Wasserstoff in den Galaxien vorhanden ist. Molekularer Wasserstoff sendet so gut wie keine Strahlung aus. Doch Astrophysiker interessieren sich gerade für die Menge dieses Elements: Molekularer Wasserstoff ist der Grundbaustein für neue Sterne. Je mehr davon in den Gaswolken einer Galaxie enthalten ist, desto mehr Sterne entstehen dort also.

Der Kohlenstoff-Trick

Astrophysiker bedienen sich daher momentan eines Tricks, um die Menge molekularen Wasserstoffs zu bestimmen: Sie messen stattdessen die Kohlenmonoxid-Menge in den Wolken – Kohlenmonoxid leuchtet weitaus stärker als molekularer Wasserstoff. Mit einem komplexen Verfahren lässt sich aus dem Kohlenmonoxid-Signal die Wasserstoff-Menge abschätzen. Diese Methode ist allerdings ungenau und fehleranfällig.

„Wir konnten zeigen, dass sich die Strahlung neutralen Kohlenstoffs viel besser dazu eignet, weit entfernte Galaxien zu beobachten“, sagt Dr. Padelis Papadopoulos von der Universität Cardiff. „Die Messwerte erlauben eine sehr genaue Abschätzung, wie viel molekularer Wasserstoff vorhanden ist.“ Leider wird die Strahlung neutralen Kohlenstoffs nahezu komplett von der Erdatmosphäre absorbiert. Schuld ist der Wasserdampf in der Luft – er wirkt gegenüber dem Kohlenstoff-Signal wie eine starke Sonnenbrille.

Seit einigen Jahren gibt es jedoch in der chilenischen Atacama-Wüste ein neues Radioteleskop, das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (abgekürzt ALMA). Dort in 5.000 Metern Höhe ist es so extrem trocken, dass das Teleskop die Kohlenstoff-Strahlung ohne Probleme auffangen kann.

Blick 12 Milliarden Jahre in die Vergangenheit

„Nach unseren Berechnungen kann ALMA Galaxien detektieren, deren Signal mehr als 12 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war“, sagt Matteo Tomassetti, Doktorand der Universität Bonn und Erstautor der Publikation. „Was noch wichtiger ist: Wir können erstmals genau bestimmen, wie viel molekularer Wasserstoff in diesen Galaxien vorhanden ist.“

Der Bonner Astrophysiker Professor Dr. Cristiano Porciani spricht von einem neuen Fenster zum jungen Universum. „Unsere theoretische Arbeit wird bedeutende Auswirkungen auf die beobachtende Astronomie haben“, betont er. „Sie wird uns helfen, den mysteriösen Ursprung der Galaxien besser zu verstehen.“

Der Erfolg ist auch ein Resultat europäischer Zusammenarbeit: Für die Simulation nutzten die Wissenschaftler zwei extrem schnelle Supercomputer der Universitäten in Edinburgh und Oslo. Dass sie auf diese Rechnerkapazitäten zurückgreifen konnten, verdanken sie einer europaweiten Initiative zur Bündelung von Rechenleistung (Partnership for Advanced Computing in Europe, PRACE). Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 956 sowie durch die internationale Max Planck Forschungsschule gefördert.

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (idw)

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