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Magnetisch aktive Weiße Zwerge erscheinen jünger als sie sind

Archivmeldung vom 21.10.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Verhältnis zwischen Magnetfeldern (rot) und Temperatur (grau) auf der Oberfläche des Weißen Zwerges
Quelle: Foto: Universität Göttingen (idw)
Verhältnis zwischen Magnetfeldern (rot) und Temperatur (grau) auf der Oberfläche des Weißen Zwerges Quelle: Foto: Universität Göttingen (idw)

Ein internationales Team von Astronomen mit Beteiligung der Universität Göttingen hat herausgefunden, warum Magnetfelder in so genannten kalten Weißen Zwergen häufiger vorkommen als in heißeren, jüngeren Weißen Zwergen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Dr. Denis Shulyak
Quelle: Foto: Universität Göttingen (idw)
Dr. Denis Shulyak Quelle: Foto: Universität Göttingen (idw)

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass starke Magnetfelder in der Lage sind, die Konvektion (Wärmeströmung) über die gesamte Oberfläche eines kalten, magnetisch aktiven Weißen Zwergs zu unterdrücken. Sie kühlen sich deshalb im Vergleich zu Weißen Zwergen mit schwachen oder nicht messbaren Magnetfeldern langsamer ab und erscheinen dadurch jünger, als sie in Wirklichkeit sind. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Weiße Zwerge (WZ) sind die Überbleibsel von Sternen mittlerer Masse am Ende ihres Entwicklungsstadiums. Da im Inneren eines Weißen Zwerges keine Kernfusion stattfindet, kühlen sie sich immer weiter ab – ähnlich wie ein Topf mit heißem Wasser, der von der Kochplatte genommen wird. Es besteht daher ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Oberflächentemperatur und dem Alter des Weißen Zwerges.

Besitzt der Vorläufer eines Weißen Zwerges ein Magnetfeld, wird dieses durch den Kontraktionsprozess bei seiner Entwicklung hin zu einem WZ um mehrere Größenordnungen verstärkt. Auf diese Weise entstehen so genannte „Magnetische Weiße Zwerge“ (MWZ). Da Magnetfelder mit der Zeit abklingen und sich die Oberflächentemperatur von WZ während ihrer Abkühlung verringert, könnte man erwarten, dass mehr Weiße Zwerge mit geringen oder nicht vorhandenen Magnetfeldern bei kühleren Temperaturen existieren.

Das Gegenteil scheint allerdings der Fall zu sein: Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Magnetfeld möglicherweise die globale Oberflächenkonvektion in kalten MWZ kontrolliert. „Bei der Analyse der Lichtvariabilität des kalten Weißen Zwerges WZ 1953-011 haben wir einen direkten Zusammenhang zwischen der lokalen Magnetfeldstärke und der Oberflächentemperatur gefunden“, erklärt Dr. Denis Shulyak vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass das Magnetfeld die atmosphärische Konvektion unterdrückt, wodurch auf der Oberfläche des Sterns dunkle Flecken in den magnetisch aktiven Regionen entstehen, ähnlich wie Sonnenflecken.

Im Unterschied zu Sonnenflecken jedoch, die eine kurze Lebensdauer von einigen Wochen bis Monaten haben, sind die magnetischen Verhältnisse und ihre assoziierten Temperaturen auf WZ 1953-011 seit mindestens zehn Jahren unverändert und damit äußerst stabil. „Aus diesem Grund sollte die Mehrheit von konvektiven MWZ photometrische Variabilität zeigen. Und das haben Astronomen in der Tat auch beobachtet“, so Dr. Shulyak.

Ein so starkes globales Magnetfeld (mehrere hundert Kilo-Gauß und darüber) ist in der Lage, konvektive Strömungen auf der gesamte Oberfläche und selbst tief im Inneren des Stern zu bremsen. „In WZ mit Oberflächentemperaturen unterhalb von etwa 12.000 Kelvin transportiert die Konvektion einen erheblichen Teil des gesamten Energieflusses von tieferen Schichten zur Oberfläche. Dessen Unterdrückung durch starke Magnetfelder vermindert somit die Leuchtkraft. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Abkühlungszeit von WZ invers proportional zu ihrer Leuchtkraft ist, dann sollten Objekte mit global unterdrückter Konvektion längere Abkühlungszeiten als ihre nicht-magnetischen Zwillinge haben. Daher liefert die magnetische Unterdrückung der Abkühlung eine natürliche Erklärung für die erhöhte Anzahl von MWZ bei kühleren Temperaturen, wo Konvektion der dominierende Energietransportmechanismus ist. Dieses Ergebnis stimmt vollkommen mit theoretischen Vorhersagen überein“, erläutert Dr. Shulyak.

Die Analyse der photometrischen Variabilität von MWZ und deren unerwartet hohen Häufigkeit, verglichen mit nicht-magnetischen Sternen, sowie ihre hohe Dispersion der räumlichen Geschwindigkeiten (welche Information über das Alter des Sterns enthält) deuten unmittelbar auf die Existenz von magnetischer Unterdrückung der Abkühlung in stark magnetischen, isolierten WZ hin.

„Wenn wir uns den WZ als einen Topf mit heißem Wasser vorstellen, der zum Abkühlen auf einem Tisch steht, dann wird ein Deckel seine Abkühlung verlangsamen. Starke Magnetfelder in WZ fungieren als eine Art Deckel, die deren Konvektion und damit deren Wärmeverlust unterdrücken. Unsere Ergebnisse implizieren, dass das Alter der meisten magnetischen und kühlen MWZ unterschätzt wird. Wir müssen deshalb unsere Interpretation des Ablaufs der Abkühlung in MWZ und infolgedessen eventuell auch unser Verständnis von der Entwicklung unserer Galaxie sowie des Universums anpassen“, so Dr. Shulyak.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen (idw)

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