Wenn in Zellen die Energieversorgung ausfällt
Archivmeldung vom 22.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. In den winzigen Zellorganellen laufen die lebenswichtigen Prozesse der Zellatmung von Tieren, Pflanzen und Pilzen ab. Dabei wird unter Verbrauch von Sauerstoff Energie gewonnen. Ist dieser Prozess beeinträchtigt, können erhebliche Funktionsstörungen und Krankheiten entstehen.
Gerhard Rödel, Professor für Genetik an der Technischen Universität Dresden, untersucht Gene, die für die Zellatmung notwendig sind und deren Ausfall die Energiegewinnung einschränkt. Die Ergebnisse seiner Grundlagenforschung lassen Rückschlüsse auf Ursachen und Entstehung von Krankheiten und möglicherweise auch auf deren Behandlung zu.
Im Fokus der Untersuchungen des Dresdner
Genetikers steht die Bedeutung von Kupferionen im Rahmen der Zellatmung. Das
Metall Kupfer ist in seiner freien Form zwar giftig und liegt daher in der Zelle
stets an Proteine gebunden vor. Gleichzeitig ist es aber wesentlicher
Bestandteil wichtiger Enzyme, beispielsweise im Rahmen der Energiegewinnung. Bei
diesem Prozess werden Kupferionen benötigt, um Elektronen unter Bildung von
Wasser auf Sauerstoff zu übertragen.
Professor Rödel untersucht den
komplexen Vorgang, wie Kupferionen an entsprechende Eiweiße in den Mitochondrien
gekoppelt werden. Wenn diese Proteine aufgrund eines Gendefekts
funktionseingeschränkt sind oder völlig fehlen, führt dies zu einem Ausfall der
Zellatmung und damit zur verminderten Energieversorgung. Oft treten im
Erwachsenenalter Krankheitssymptome auf, die sich vor allem in jenen Zellen und
Geweben zeigen, die besonders viel Energie benötigen. Dazu gehören unter anderem
Zellen der Netzhaut, des Zentralen Nervensystems, Gefäßzellen, Zellen des
Herzmuskels und der Bauchspeicheldrüse. In seltenen, besonders schweren Fällen
kann es zum frühzeitigen Tod von Neugeborenen kommen.
Viele der
Untersuchungen des Dresdner Biologen erfolgen an Hefezellen. Diese sind
besonders geeignet, um Defekte der Zellatmung zu untersuchen, weil man aus den
Experimenten mit Hefezellen oft auf die Situation in menschlichen Zellen
schließen kann. Ersetzt man ein Hefegen durch das entsprechende Stück
menschlichen Erbmaterials und die Zellatmung der Hefe ist gestört, zeigt dies
einen Defekt im menschlichen Gen. In dem DNA-Abschnitt des Patienten liegen dann
möglicherweise (bislang unbekannte) krankheitserregende Mutationen vor.
Wenn ein menschliches Gen das entsprechende Hefegen ersetzen kann, ist
die o. g. Vorgehensweise zum Identifizieren pathogener Mutationen sinnvoll. Dies
gilt nicht nur für die rund 300 Gene, die an der Zellatmung direkt beteiligt
sind. Vielmehr lassen sich erstaunlich viele der insgesamt rund 6.000 Gene der
Hefe durch eines der ca. 30.000 menschlichen Gene funktionell ersetzen. Neben
ihrer bekannten Rolle als Modellsystem für die Aufklärung grundlegender
biologischer Prozesse kann die Hefe also auch bei der Diagnostik menschlicher
Erkrankungen einen wertvollen Beitrag leisten.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.